Taschenkrebs im Sud gegart
In Frankreich, wo die Taschenkrebse ganz besonders beliebt sind, werden natürlich auch veritable Glaubenskriege um deren akkurate Zubereitung ausgefochten. Während man sich weitgehend einig ist, dass das lebende Tier zu Beginn des Prozesses Kopf voran in kochendes Wasser zu geben sei, gibt es für das Ende der Kochzeit verschiedene Szenarien. Manche holen die Tiere nach Ablauf der Garzeit sofort aus dem heissen Wasser – andere Rezepte empfehlen, die Krebse im Sud erkalten zu lassen. Unserer Erfahrung nach ist die erste Methode etwas abrupt und kann dazu führen, dass das Fleisch leicht trocken wird. Bei der zweiten Methode hingegen bleibt zu viel Wasser im Körper der Tiere zurück, was den Genuss ebenfalls trübt.
Wir haben uns deshalb für einen Kompromiss entschlossen, mit dem wir bisher gut gefahren sind. Nach Ablauf der Kochzeit nehmen wir den Topf vom Feuer und giessen ein grosses Glas kaltes Wasser hinein, um den Sud etwas abzukühlen. So lassen wir die Krebse noch etwa 10 Minuten nachziehen, dann holen wir sie aus dem Topf. Manchmal stellen wir sie mit der Schwanzseite nach unten vertikal auf einen Teller – weil das Wasser so vielleicht etwas besser ablaufen kann (wir sind indes noch nicht ganz sicher, ob diese manchenorts empfohlene Massnahme wirklich das Gewünschte bewirkt).
Krabben haben am Ansatz der grossen Scheren eine Art Sollbruchstelle. Der Schock des Eintauchens ins kochende Wasser bewirkt deshalb manchmal, dass sich diese Scheren lösen. Man findet in Büchern und auf dem Internet verschiedene Empfehlungen, wie sich das vermeiden liesse – die meisten Methoden sind indes ziemlich grausam. Wir ersparen uns und dem Tiere diese Strapazen. Will man seinen Gästen die ganze Krabbe präsentieren, kann man die abgebrochenen Scheren gut wieder unter ihren Körper schieben – und vor dem Essen müssen sie ohnehin abgetrennt werden.
Man kann die Krebse einfach in Salzwasser garen. Durch die Zugaben von Aromata aber kann man dem Tier ein ganz leichtes und, wie wir finden, elegantes Parfum verleihen. Da die Aroma-Stoffe nur in grosser Verdünnung mit dem Fleisch in Berührung kommen, besteht kaum Gefahr, dass man den Eigengeschmack des Tieres übertönt – ja gewisse Brühen kitzeln vielleicht sogar noch mehr Charakteristisches aus dem Krebs hervor. Der Fantasie sind dabei natürlich kaum Grenzen gesetzt – und jeder wird hier leicht sein eigenes Lieblingsrezept austüfteln können.
Die hier vorgestellte Brühe verleiht dem Fleisch ein Aroma, das an einen Spaziergang durch eine chinesische oder taiwanesische Stadt erinnert. Es gibt dort an jeder zweiten Ecke kleine Geschäfte, die Würstchen, Meeresfrüchte, Tofu und Fischbällchen in einem Sud heiss halten, der einen ganz spezifische Duft hat – und davon finden wir in unserer Zubereitung eine Ahnung wieder.
Kochzeit 20 Minuten
Man kann die Krebse einige Stunden vor dem Essen schon zubereiten – sie werden in der Regel kalt verzehrt. Wir stellen sie aber nicht in den Kühlschrank weil wir den Eindruck haben, dass das Fleisch der Tiere dabei trocken wird. Man kann die Krebse mit einem feuchten Küchentuch zudecken.
Es gibt verschiedene Methoden, an das Fleisch im Innern des Tieres zu kommen – am besten man geht intuitiv vor und vertraut auf seine (tierischen) Instinkte. Essen kann man alles, was man innerhalb der Schalen findet. Hier dennoch ein paar Hinweise – für den Fall einer Erstbegehung vielleicht.
Wir lösen zunächst von Hand die grossen Scheren vom Körper – so sie nicht bereits beim Kochen abgefallen sind. Nun legen wir den Krebs auf den Rücken und schneiden ihn mit der Hilfe eines grossen Messers in zwei Teile. Diese Teile schieben wir wieder zusammen, legen die grossen Scheren davor und tischen den Krebs so auf.
Bei Tisch ziehen wir die Beine und den Panzer auseinander und löffeln das Innere des Panzers aus – es gibt darin Fleischteile, dunkle, leicht nach Leber schmeckende Partien und bei den Weibchen manchmal rot leuchtenden Rogen. Manche essen auch die Kiemen, die an kleine Plastiktüten erinnern – anderen sind sie zu wässrig. Einiges Fleisch steckt in dem Teil des Panzers, der die Beine hält – es ist indes nicht ganz einfach zugänglich (ein Nussknacker kann hier gute Dienste leisten). Die Beine lassen sich leicht ab- und dann auch auseinanderbrechen. Manchmal kann man die Fleischstücke einfach aus ihnen saugen – manchmal muss man sie Aufbrechen (mit einem Knacker oder – bei entsprechend guter Ausstattung – mit den Zähnen).
Die grossen Scheren kann man mit der Hilfe eines Nussknackers öffnen – es gibt auch spezielle Zangen dafür, die indes oft hübscher sind als nützlich. Beim Aufknacken allerdings drückt man gerne Schalensplitter ins Fleisch. Besser nimmt man einen Hammer, wenn möglich aus Holz, und schlägt damit ein Mal kurz auf die flache Seite der Schere – dank dem Riss, der dabei entsteht, sollte sich die Schale nun gut von Hand aufbrechen lassen. Wenn sie immer noch widersteht, kann man zu einem zweiten Schlag auf eine der Längsseiten ansetzen. Bei der Suche nach Fleischstücken, die in allen möglichen Winkeln des Tieres sitzen, sind auch metallische Stocher hilfreich.
First Publication: 4-1-2015
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