Suppe mit Kutteln vom Rind, Joghurt und Knoblauch – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 151009 Istanbul Kadikoy
Mit Kebab in all seinen Variationen hat die türkische Gastronomie Europa im Sturm erobert – unterdessen dürfte Kebab wohl weltweit fast ebenso verbreitet sein wie Pizza. Eine weitere Spezialität, die geradezu als ein türkisches Nationalgericht angesehen werden kann, hat es da vergleichsweise schwer: İşkembe Çorbası – dabei schmeckt auch diese Suppe durchaus so, dass man sie als «Comfort food» bezeichnen könnte. Das Problem allerdings ist, dass sie aus Kutteln gekocht wird – und da fühlen sich viele Zeitgenossen in Mitteleuropa sogleich eher unkomfortabel.
In der Türkei wird İşkembe Çorbası oft zum Frühstück oder als Zwischenmalzeit gegessen und gilt, wie viele andere Kuttel-Gerichte auch, als gute Kur am Ende einer durchzechten Nacht. Es gibt viele verschiedene Rezepte – einige verwenden Kutteln vom Lamm, andere kochen mit Kutteln vom Rind. Die Brühe wird manchmal nur mit Mehl angedickt, manchmal mit Milch oder Joghurt, gelegentlich kommt auch Butter hinein. Wir haben uns für Joghurt entschieden und verwenden Kutteln vom Rind. Sie sind in Mitteleuropa leichter zu bekommen – und werden ausserdem bei uns ausschliesslich in akkurat gesäubertem und vorgegartem Zustand angeboten, was die Zubereitung der Suppe zu einem Kinderspiel macht. Abgeschmeckt wird die İşkembe Çorbası mit Essig oder Zitrone, Knoblauch und den leicht scharfen Paprika-Flocken (Pul biber), die in der Türkei auf keiner Tafel fehlen.
İşkembe Çorbası heisst übersetzt einfach Suppe (çorba) aus Kutteln (işkembe). Die Suppe ist eine enge Verwandte der rumänischen Ciorbă de burtă – beide haben ihren Ursprung wohl in der Küche des Ottomanischen Reiches, wenngleich es wohl auch vorher schon ähnliche Suppen gegeben haben dürfte.
So einfach das Rezept auch sein mag, die Çorba hat doch ein sehr vielschichtiges Aroma, das unser Freund Walter Nerres an einem denkwürdigen Abend mit Kuttelsuppe als «körperlich, tierisch, blumig, geheimnisvoll, fröhlich, milchig, universal, fermentiert» beschrieb und anfügte: «Wenn das Leben ein türkisches Märchen wäre, dann würde es auch im Raum meiner Gedärme so riechen – und meine Rülpser wären eine himmlische Freude». Darauf seine Freundin Nusch Miller: «Was du meinst, ist, dass die Suppe nach Bedeutung verlangt.»
Wie dem auch sein – fest steht, dass das Aroma der İşkembe Çorbası etwas Faszinierendes hat und auch nach dem Essen noch lange am Gaumen wiederhallt. Wir servieren zur Suppe Essig oder Zitrone, Pul biber und ein Schälchen mit frisch gepresstem oder geriebenem Knoblauch – man kann die Säuerungsmittel auch mit dem Knoblauch mischen, wie das gewöhnlich in türkischen Restaurants gemacht wird (im Essig bleibt der Knoblauch länger frisch). Mit einem feinen Essig lässt sich die Suppe unserer Ansicht nach subtiler Nachsäuern als mit Zitrone. Natürlich hat die Wahl des Essigs auch einen Einfluss auf das Aroma – wir verwenden aus ästhetischen Gründen einen hellen Essig, Weissweinessig meist. Auf jeden Fall sollte man behutsam nachsäuern – sonst bringt die Säure das vielgestaltige Aroma der Suppe plötzlich zum Verschwinden. Der Knoblauch ergänzt das Bukett der Kutteln sehr gut, er ist «wie ein Bruder» (Walter). Trotzdem sollte man auch den Knoblauch mit ruhiger Hand beimischen – zu viel davon verleiht der Suppe einen etwas banalen Touch.
Gewöhnlich isst man helles Brot zu der Suppe. Wir kochen manchmal aber auch ein paar Kartoffeln, die wir dann im Teller mit der Gabel ein wenig zerquetschen – ehe wir die heissen Kutteln darüber giessen. So wird die Suppe zu einer nährenden und doch leicht bekömmlichen Hauptspeise.
Kochzeit 60 Minuten
2 Becher Joghurt (360 g)
2 TL Salz
1 EL (Weisswein)-Essig
400 g küchenfertige Kutteln vom Rind, in feinen Streifen
1 Zwiebel (90 g), in feinen Streifen
2 Zehen Knoblauch, gepresst oder gerieben
1 TL weisser Pfeffer
Salz zum Abschmecken
1 dl (Weisswein)-Essig oder 1 Zitrone zum Abschmecken bei Tisch
4 Zehen Knoblauch, gepresst oder gerieben zum Abschmecken bei Tisch
First Publication: 22-10-2015
Modifications: