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Barbera d'Alba Massolino Gisep 2009

Von aussen riecht der Wein unbewegt nach reifer Zwetschge, nach Stein und ein bisschen nach frischer Kuhmilch. Mit der Bewegung entwickelt sich eine Kombination aus zerdrückten Heidelbeeren und der Haut alter Menschen. Auch dieser Wein hat, wie andere Barberas, etwas frisch Gewaschenes, das sich immer wieder meldet – und zugleich etwas von feuchter Erde, die an Reifen klebt oder an Schuhen. Etwas leicht Vergorenes liegt auch in der Luft – es könnte auch Dieselöl sein, dazu eine Ahnung von abgewetztem Aluminium. Wir sitzen in einem Auto, das auf einem Hügel etwas abseits der Strasse steht – warum nicht im Piemont, in den Langhe, vielleicht über Barolo. Das Fenster ist offen und ohne jede Dramatik geht ein nebliger Tag in eine leicht verregnete Nacht über. Dann und wann ein Knacksen unter der Motorhaube. Im Tal springen die ersten Lichter an und es ist, als rückten die Häuser noch näher zusammen.

Auf der Zunge ist der Wein überraschend frisch, ja sauer, bitter und hat sogar etwas Tannin – geschmeichelt wird hier nicht. Im Mund überrascht der Barbera mit einem Gesamteindruck, der an gelbe Grapefruit erinnert (als diese Früchte noch bitter waren). Hat man den Wein eben erst in den Mund genommen, sind da noch ein paar unreife Beeren – doch sie geraten nach kurzer Zeit schon unter die Fittiche der Pampelmuse.

Ähnlich wird die Landschaft rund um das Dorf unter uns mit jeder Sekunde flächiger, lösen sich die Strukturen auf, ziehen sich die Formen in einen grossen schwarzen Brei zurück – bis man glauben könnte, es hätte sie nie gegeben. Das Bittere dieses Weins gefällt mir – es wirkt so unverfügbar, so ungefällig. Im Abgang ist der Barbera etwas pappig – Lakritze klingt nach, aber eher die salzige Version, wie sie in Ländern des Nordens beliebt ist. Im Dunkeln könnte hier auch Norwegen sein.

Getrunken am Sonntag, 6. Oktober 2013 in der Küche meiner Wohnmung über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei «Vini Vergani» in Zürich (Fr. 29.90 im August 2013).

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