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Barbera d'Alba Rocche Costamagna Annunziata 2011

Von aussen riecht der Wein in ruhigem Zustand nach leicht unreifer Kirsche, bewegt man ihn, so wird zunächst nur das Säuerliche stärker. Dann löst sich allmählich ein markanter Duft von Weichselkirsche heraus, begleitet von einem Hauch Brennsprit – und irgendwo wurde der Reissverschluss eines alten Zelts geöffnet. Der Sprit verleiht dem Moment eine beunruhigende Note, das Zelt ist eine diffuse Erinnerung – an Pfadfinderlager vielleicht. Das passt zu diesem verregneten Sommerabend – ein Rückzug ins Zelt, in die etwas feuchte Wärme eines Schlafsacks. Dort Süssigkeiten naschen, hoffen, dass das Tuch ausreichend gespannt bleibt, und schliesslich einschlafen – mit einem Schokomund und Regentropfen im Ohr. Doch nein, zum Einschlafen gibt sich dieser Wein nicht her – er hat etwas an sich, das uns wach hält, das uns auf Trab hält, das in die tiefste Nacht noch ein Quäntchen Tag quetscht.

Allmählich streift der Duft die Säure ein wenig ab, macht die Kirsche deutlich, dass sie auch schon Sonne erlebt hat. Im Mund ist der Wein ein wenig hölzern, ein schwerer Saft mit wenig Tannin und wenig Säure. Nun ist die Kirsche wieder unreif, etwas wässrig auch, von Wärme ist zunächst nichts zu spüren. Doch dann, als merke der Wein, dass die Sonne unter den Wolken durchbricht, legt er uns plötzlich fast schwarze Kirschen in den Mund, dazu ein Stück Marmorkuchen, leicht angebrannt. Als wären wir brav gewesen.

Getrunken am Dienstag, 2. Juli 2013 auf dem Dach meines Wohnhauses über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei «Baur au Lac Vins» in Zürich (Fr. 17.00 im Juli 2013).

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