Nachfolgend geht es um das, was man heute gemeinhin als Kürbis bezeichnet. Zucchini, wenngleich sie faktisch zu den Gartenkürbissen (Cucurbita pepo) gehören, werden auf einer eigenen Seite vorgestellt – ebenso Wachskürbis und Flaschenkürbis, die eine andere Herkunftsgeschichte haben.
Geschichte. Kürbisse stammen ursprünglich aus Amerika und gehören zu den ältesten Nahrungspflanzen der Welt. Laut Marianna Serena et al. («Lexikon der alten Gemüsesorten», Kapitel Kürbis), die sich recht ausführlich mit der Geschichte von Cucurbita beschäftigt, belegen Funde aus Mexiko, dass Kürbisse bereits um 10'000 v. Chr. kultiviert wurden – also noch früher als Bohnen und Mais: «Damals stiessen die Menschen wohl gelegentlich auf einzelne mutierte Pflanzen der Wildkürbisse, die weniger bitter schmeckten. Daraus wurden vermutlich nach und nach unsere heutigen, vielfältigen Kürbissorten selektiert.»
Der Gartenkürbis (Cucurbita pepo) kommt in Mexiko auch heute noch wild vor, er wurde gemäss Serena «schon vor Kolumbus' Ankunft in Amerika vom südöstlichen Kanada bis nach Costa Rica kultiviert und ist heute die weltweit verbreitetste Cucurbita-Art. Archäologischen Funden der Wildform aus dem Osten der Vereinigten Staaten wurde ein Alter von etwa dreissigtausend Jahren attestiert, die ältesten Funde von kultivierten Pflanzen sind etwa zehntausend Jahre alt.»
Der Riesenkürbis (Cucurbita maxima) stammt ursprünglich aus Südamerika, «wo man Überreste aus der Zeit von 1800 v. Chr. nachgewiesen hat. Da diese Art im Allgemeinen kältetoleranter ist als die Garten- und Muskatkürbisse, wird sie oft auch in höheren Lagen sowie in nördlicheren Breitengraden kultiviert als ihre beiden Gattungsgenossen.»
Der Moschuskürbis (Cucurbita moschata) hat seinen Ursprung in dem Gebiet zwischen dem südlichen Mexico und Zentralamerika. Archäologische Funde bestätigen laut Serena, «dass diese Kürbis-Art im Jahre 3000 v. Chr. bereits in Peru genutzt wurde.»
Kolumbus entdeckte den Kürbis offenbar am 3. Dezember 1492 auf Kuba. Serena: «Er erkannte rasch, dass es sich um Verwandte der damals bereits bekannten Zuckermelonen (Cucumis melo) und Flaschenkürbisse (früher: Cucurbita lagenaria, heute: Langenaria siceraria) handeln musste. Da diese damals von den Gelehrten beide als Cucurbita bezeichnet wurden, nannte Kolumbus das neu entdeckte Gewächs Cucurbita indica, da er damals davon ausging, Indien erreicht zu haben. Schon zu dieser Zeit waren die Kürbisse eine züchterisch stark bearbeitete Kulturpflanze, sie kam in verschiedenen Formen und Varietäten nach Europa. Bereits um 1508, also nur gerade 16 Jahre nach der Entdeckung Amerikas, wird im französischen Gebetsbuch ‹Grandes Heures d’Anne de Bretagne› ein Gartenkürbis abgebildet. Er wird als ‹Quegourdes de turquie› bezeichnet. Das Wort ‹turquie› wurde dabei als Synonym für exotisch und fremdartig verwendet.»
Die Seefahrer waren offenbar so angetan von den Kürbissen, dass sie Exemplare aus ganz unterschiedlichen Regionen Amerikas nach Europa brachten, wo die verschiedenen Formen in den Gärten aufeinander trafen. Serena: «Durch spontane und gezielte Kreuzungen entstand so in kürzester Zeit in Europa eine noch grössere Vielfalt an Fruchtformen und -farben.»
Die Kürbisse treten jedoch nicht nur in Europa einen Siegeszug an, wie Evelyne Bloch-Dano («Die Sehnsucht im Herzen der Artischocke», Kapitel Kürbis) weiss: «die Portugiesen bringen sie nach Angola und Mosambik, von dort aus gelangen sie nach Indien, Indonesien und China, bevor sie auf dem Umweg über das Ottomanische Reich und den Balkan wieder nach Europa zurückkommen. Innerhalb eines halben Jahrhunderts umrunden die Kürbisgewächse die Welt und akklimatisieren sich überall.»
Auf die anfängliche Begeisterung folgt aber bald eine gewisse Ernüchterung – und die Kürbisse nehmen plötzlich keinen wichtigen Platz mehr auf den Speisezetteln Europas ein. So klagt etwa Lady Llanover 1867 (zitiert nach Alan Davidsons «Oxford Companion to Food», Kapitel Pumpkin): «Few vegetables are so little understood and consequently so much undervalued in Great Britain as pumpkins.» Und Robert Habs und Leopold Rosner («Appetit-Lexikon», S. 279) stellen fest: «Kürbisse […] nehmen nur einen sehr beschränkten Raum in der nord- und mitteleuropäischen Küche ein, obgleich das Durchschnittsgewicht der einzelnen Frucht nicht unter 2 bis 3 kg angesetzt werden darf.» Im 19. Jahrhundert wurden Kürbisse im nördlichen Europa vor allem als Schweinefutter angebaut.
An dem allgemeinen Desinteresse ändert auch nichts, dass sich Einzelne für den Kürbis begeistern wie etwa Barthold Heinrich Brockes (1680-1747). In seinem Hauptwerk, der naturlyrischen Gedichtsammlung «Irdisches Vergnügen in Gott» besingt er die Schönheit und Nützlichkeit der Natur und versteht sie als Vermittlerin zwischen Gott und den Menschen. So auch in einem langen Gedicht auf die Kürbis-Pflanze, die er in den höchsten Tönen lobt: « Wie lieblich glatt sind ihre bunte Schalen, / Die bald so gelb als Gold, bald etwas bleich, / Bald gelb und bleich, und grün zugleich, / Absonderlich, wenn sie der Sonne Strahlen / Mit einem hellen Blick bemalen, / Wodurch ein heit'rer Glantz, recht Wunderschön / Auf ihrer glatten Ründ', als wie ein Stern, zu sehn. […] Noch macht uns die Natur in einem Kürbis kund, / Wie sehr sie an Veränd'rung reich, / Da diese Frucht zugleich / Bald lang, bald rund. / Kein zierlicher gewund'ner Türckenbund / Kann an Figur so zierlich seyn, / Als wie ein runder Kürbs. Er scheinet recht gewunden, / Und theilt die Striche richtig ein, / Die unterwärts und oberwärts mit Haufen / In einen Mittelpunct zusammen lauffen.»
Einen erneuten Boom erleben die Kürbisse in Europa erst seit Ende des 20. Jahrhunderts, wie Serena weiss: «Zusammen mit dem Halloween-Brauchtum übernahm Europa die Begeisterung für die Kürbisse aus Amerika. Seither sind herbstliche Kürbissuppen und geschnitzte Fratzen, die in der dunklen Jahreszeit mit einer Kerze im Inneren erleuchtet werden, kaum mehr wegzudenken.» Sie weiss auch, dass Kürbisse an achter Stelle unter allen produzierten Gemüsearten der Welt stehen, wobei mehr als die Hälfte der Produktionsmenge auf China fällt, derweilen jeder siebte Kürbis der Welt in Europa angebaut wird.
Namen. Vor allem in älteren Büchern liest man manchmal, die Heimat des Kürbis sei gleichermassen die Alte wie die Neue Welt. Das stimmt insofern als etwa der Wachskürbis (Benincasa hispida) oder der Flaschenkürbis (Lagenaria siceraria) asiatischen respektive afrikanischen Ursprungs sind und schon die Antike verschiedene weitere Gewächse kannte, die als Kürbisse angesehen wurden. «Auch in der Bibelübersetzung Luthers kommen ‹Pfeben›[Kürbisse] vor», wissen Habs und Rosner (S. 280), räumen indes sogleich ein: «das waren aber sicher andere Arten als die, welche gegenwärtig auf unseren Feldern und in unseren Gärten gezogen werden.»
Brigitte Bartha-Pichler und Markus Zuber («Haferwurzel und Feuerbohne», S. 30) heisst es: «Verwirrung entstand oft, da bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts Flaschenkürbisse, Melonen, Wassermelonen, Gurken und Kürbisse mit demselben Namen bezeichnet wurden.» So ist denn manchmal auch unklar, wovon genau die Rede ist – etwa wenn Giacomo Castelvetro («The Fruit, Herbs and Vegetables of Italy», S. 132) schreibt: «I almost forgot to mention the different kinds of gourds, which are at their best in the autumn. Their popular name is ‹marine pumpkins›, perhaps because they are used by inexperienced swimmers, scared of drowning, who strap a whole dried gourd under their chests, to keep from sinking into the sea. Small children learn to swim in the rivers with them.»
In Europa kursieren auch heute noch sehr verschiedene Bezeichnungen für Kürbis – verwirrend viele, vor allem weil sie teilweise Unterschiede ansprechen, wo gar keine bestehen. Dazu merkt Bloch-Dano an: «Unklar ist, was die Botaniker des 17. Jahrhunderts sich dabei dachten, als sie zum Beispiel die französische citrouille vom potiron unterschieden und den englischen pumpkin vom squash. […] Das französische citrouille leitet sich von der Zitrone ab, doch die Herkunft des anderen Worts für Kürbis, potiron, ist weniger klar. Es könnte vom syrischen pâturta kommen (Pilz), vom lateinischen posterior (der Hintere), vom altfranzösischen boterel (kleine Kröte) oder vom Adjektiv zu pot (bauchig).»
Pflanze. Mit dem Begriff Kürbis (engl. pumpkin, squash; franz. potiron, citrouille, gourde; span. calabaza; ital. zucca; chin. 南瓜) sind in Europa meist Garten-, Riesen- oder Moschus-Kürbis gemeint, wobei sich jede Sorte in diverse Unterarten aufteilen lässt. Der Gartenkürbis (Cucurbita pepo) ist eine einjährige krautige Pflanze, die kletternd oder kriechend wächst und eine Länge von 10 m erreichen kann. Sie bildet harte, teilweise stachelig behaarte und gefurchte Stängel mit 5 bis 9 Rippen aus. Die Blätter sind handförmig, oft tief eingeschnitten und behaart. Es gibt Sommer- und Winterarten. Der Riesenkürbis (Cucurbita maxima) ist eine einjährige, krautige Pflanze, die kletternd oder buschig wächst. Sie bildet unbehaarte Stängel und nicht gelappte, behaarte und weiche, oft nahezu runde Blätter mit manchmal gewelltem Rand aus. Die reife Frucht löst sich oft von selbst vom Stängel. Der Riesenkürbis ist ein Winterkürbis mit harter Schale. Der Moschus- oder Muskatkürbis (Cucurbita moschata) ist eine einjährige, krautige Pflanze, die kriechend oder kletternd wächst und eine Länge von 6 Metern erreichen kann. Sie bildet kantige, filzig behaarte Stängel und runde, manchmal gelappte und weich behaarte Blätter aus. Der Fruchtstiel ist wenig gefurcht, dünn und am Fruchtansatz sehr breit. Der Feigenblattkürbis (Cucurbita ficifolia) hat als Gemüse kaum Bedeutung und der Silbersamenkürbis (Cucurbita agryosperma) wird vor allem in tropischen Ländern angebaut.
Die meisten Kürbisse bilden Trichterblüten mit einer goldgelben Blütenkrone aus. Daraus entwickeln sich Früchte, deren Grösse, Gestalt, Farbe und Oberflächenbeschaffenheit sehr unterschiedlich sein können. Die Botanik spricht allerdings nicht von einer Frucht, sondern von einer Panzerbeere – das ist eine Schliessfrucht (eine Frucht, die in geschlossenem Zustand von der Pflanze abfällt), die aus einem einzigen Fruchtknoten hervorgeht und deren Fruchtwand im Unterschied zu anderen Beeren hart ist und nicht fleischig.
Kürbisse sind nicht nur in Grösse, Gestalt und Farbe sehr unterschiedlich, auch die Beschaffenheit und das Aroma ihres Fruchtfleisches lassen sich nicht auf einen Nenner bringen. Wir stellen weiter unten in der Form von Bildern einige Arten vor, die wir selbst haben verkosten können. Der Vielfalt der Erscheinungsformen entspricht auch die vielseitige Verwendung des Gemüses. Bei einigen Arten (vor allem den Sommerkürbissen) kann man auch die Haut mitessen – bei anderen ist diese viel zu hart. Auch die Kerne des Kürbis sind (geröstet) essbar – ebenso die Blüten.
Kürbiskernöl. Ende des 19. Jahrhunderts begann man in Österreich, vor allem in der Steiermark und im Burgenland den Ölkürbis anzubauen. Bei dieser Sorte wird der Samenkern nicht wie bei anderen Kürbissen von einer verholzten Samenschale geschützt, sondern nur von einem dünnen Silberhäutchen. Diese Eigenschaft macht es möglich, dass man effizient Öl aus den Samen pressen kann. Kaltgepresst ist Kürbiskernöl dunkelgrün (dank Pigmenten aus der Schale), warmgepresst ist es braun. Brigitte Bartha-Pichler und Markus Zuber («Haferwurzel und Feuerbohne», S. 31) schreiben dazu: «Durch den Anbau in Mais- und Kartoffelfeldern benötigte der Steirische Ölkürbis keine eigenen Anbauflächen. Das Fruchtfleisch wurde ans Vieh verfüttert, teilweise auch selbst gegessen. Das Kürbiskernöl fand in einigen regionalen Spezialitäten seinen festen Platz, etwa im steirischen Käferbohnensalat. […] In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Mischkulturform des Steirischen Ölkürbis unter anderem aufgrund des heftigen Herbizideinsatzes aufgegeben. Damit ging der Kürbisanbau in Österreich rasant zurück.»
First Publication: 16-10-2015
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