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Die «Choux de Bruxelles à la crème» sind eine in jeder Beziehung unzeitgemässe Speise. Das Aroma aber ist umwerfend blumig und nussig, lieblich, süss, etwas käsig – und weist erstaunlicherweise keinerlei lästiges Kohlarmoma auf, wie man es nach der langen Kochzeit eigentlich erwarten würde. (Zürich, April 2015)

Choux de Bruxelles à la crème

Rosenkohl in Milch gekocht – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 150329 Hombourg Rhone–Rhine Canal

Es gibt drei Gründe, warum uns dieses Rezept gut zu Peter Polters Marathon-Spaziergang zu passen scheint. Erstens hatte Polter ebensolchen Rosenkohl noch im Bauch, als er von Basel nach Mülhausen aufbrach. Zweitens hat das fertige Gericht eine Farbe, die uns an die zurückhaltende Pracht eines blühenden Weidenbaumes erinnert – und solche Bäume wachsen zuhauf an den Ufern des Canal de Huningue und des Canal du Rhône au Rhin, denen Polter auf seinem Weg folgte. Dittens haben wir das Rezept in der «Gastronomie pratique» von Ali Bab, alias Henri Babinski gefunden, der uns wie das schiere Gegenteil eines Marathon-Spaziergängers vorkommt – beschränkten sich seine Gänge doch wahrscheinlich auf den Weg zum Markt. Das gilt zumindest wohl für jene Zeit, in der er für seinen Bruder, den Neurologen Joseph Babinski, Koch und Hausmädchen spielte – und mit Messer und Feder am Manuskript seiner «Gastronomie» feilte. Hätte er seine Recherchen von Sport unterbrechen lassen, wäre das kapitale Werk sicher nie zustande gekommen.

Wir halten uns hier weitgehend an das Rezept, das Babinski auf S. 922 seiner «Gastronomie pratique» wiedergibt – verzichten allerdings auf die finale Zugabe von Butter und dicker Sahne, die uns überflüssig oder vielmehr übertrieben scheint. Obwohl der Name des Gerichts, «Choux de Bruxelles à la crème», so eigentlich seine Berechtigung verliert.

Es gibt viele Gründe, diesem Rezept zu misstrauen. Heute gilt als Regel, dass alle Zutaten, vor allem aber Gemüse, nach Möglichkeit schonend zubereitet werden sollen – denn nur so erhalten sich Vitamine und andere Inhaltsstoffe. Wenn Rosenkohl mehr als eine Stunde gekocht wird, dann ist das schon ein arger Verstoss gegen das Gesetz. Doch das 19. Jahrhundert hatte in der Küche andere Prioritäten. Dieses Rezept transformiert den Rosenkohl in eine Speise, die unglaublich altmodisch schmeckt – und mindestens ebenso gut. Vitamine sind da wohl kaum noch drin – und von der Konsistenz her bewegt sich der Rosenkohl je nach Zustand der verwendeten Rosetten gefährlich nahe an der Pampe. Das Aroma aber ist umwerfend blumig und nussig, lieblich, süss, etwas käsig – und weist erstaunlicherweise keinerlei lästiges Kohlarmoma auf, wie man es nach der langen Kochzeit eigentlich erwarten würde. Das Rezept kommt ohne ein einziges Gewürz aus – und schmeckt doch fast so würzig wie ein nordindisches Korma.

Kochzeit 70 bis 90 Minuten

Zutaten (als Beilage für 2 bis 4 Personen)

500 g Rosenkohl, geputzt

1 TL Salz für das Blanchieren

3 dl Milch

1 TL Salz für die Milch

Zubereitung

  1. Etwa 1 Liter Wasser mit 1 TL Salz zum Kochen bringen. Den Rosenkohl beigeben und 5 Minuten blanchieren, dann abgiessen.
  2. Rosenkohl mit Milch und 1 TL Salz in einer Pfanne sanft erwärmen und 60 bis 80 Minuten sanft köcheln lassen. Gelegentlich sorgfältig umrühren (je intakter die Röschen bleiben, desto besser).
    Mit der Zeit wirft die Milch blasen und wird grün. Allmählich verdunstet sie dann, gerinnt, wird käsig und haftet mehr und mehr an den Röschen an. Erstaunlicherweise brennt sie kaum je an, ist die Hitze nur sanft genug.
Zu Beginn der Kochzeit ist der Rosenkohl noch leuchtend grün, die Milch weiss und flüssig. (Riehen, Januar 2015)
Mit der Zeit bekommt die Milch eine leicht grünliche Farbe und wirft Blasen, der Rosenkohl ist nicht mehr so leuchtend grün.
Schliesslich gerinnt die Milch, wird käsig und haftet an den Rosetten an, die nun eine lind- bis olivgrüne Farbe haben.
Die Farbe der fertig gekochten «Choux de Bruxelles à la crème» erinnert ein wenig an die zurückhaltende Pracht blühender Weidenbäume, wie sie in grosser Zahl am Canal de Huningue wachsen – dieser hier steht bei Kembs. (März 2015)
Der «Choux de Bruxelles à la crème» repräsentiert das schiere Gegenteil einer schonenden Zubereitung, wie sie heute flächendeckend propagiert wird. (Riehen, Februar 2015)
Rosenkohl, Wasser, Salz und Milch – HOIO's Arbeitsblatt zu den Choux de Bruxelles à la crème. (April 2015)

First Publication: 1-4-2015

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