Die Maniok-Pflanze* stammt ursprünglich aus Südamerika, wo sie schon vor Ankunft der Europäer von den Ureinwohnern wirtschaftlich genutzt wurde. Heute wird Maniok in grossen Teilen der Tropen und Subtropen angebaut, vor allem auch in Afrika, wo Maniok zu den bedeutendsten Grundnahrungsmitteln zählt.
Pflanze. Maniok, Mandioka, Kassava, Kassave oder Yuca (Manihot esculenta; engl. cassava, yuca, manioc; franz. manioc; span. mandioca, yuca, guacamota, casava, casabe) stammt aus der Familie der Euphorbiaceae (Wolfsmilchgewächse). Maniok-Pflanzen sind Sträucher, die bis zu 5 m hoch wachsen können. Ihre Blätter sind handförmig und stehen an langen Stilen, sie werden in Trockenzeiten abgeworfen. Die Blütenstände können endständig oder in den Blattachseln erscheinen. Die Blüten bestehen aus rötlichen Kelchblättern, die bis zur Hälfte ihrer Länge miteinander verwachsen und auf der Innenseite behaart sind. Sie bilden eine ovale Kapselfrucht von 1 bis 2 cm Länge aus, in der drei glatte, leicht dreieckige Samen liegen. Unterirdisch bilde Maniok zuerst eine Pfahlwurzel aus, deren faserige Seitenwurzeln sich verdicken und grosse, spindelförmige Wurzelknollen formen.Maniok wird vor allem wegen seiner stärkehaltigen Wurzelknolle angebaut, die bis 100 cm lang lang, 15 cm dick und bis zu 15 kg schwer werden kann. Das weisse, manchmal auch rötliche oder gelbliche Fleisch ist von einer harten, meist braunen Schicht umgeben. Es gibt verschiedene Varietäten, die jedoch grundsätzlich in zwei Kategorien eingeteilt werden: bitterer und süsser Maniok.
Giftigkeit. Roh sind die Wurzelknollen giftig da sie einiges an Blausäure enthalten – je nach Sorte kann die Konzentration mehr oder weniger stark sein. Dazu schreibt Heini Hofmann im Schweizer Wartezimmer-Magazin «Sprechstunde», dem wir in Sachen Gesundheit ja wohl trauen können: «Alle Pflanzenteile des Maniok enthalten in ihrem Milchsaft das giftige Blausäureglykosid Linamarin. Je nach Gehalt unterscheidet man zwei Sorten: den bitteren Maniok mit hohem und den in den Export gelangenden süssen (Aipim) mit geringerem Anteil an Linamarin. Während sich beim Letzteren das Linamarin hauptsächlich in der Rindenschicht der Wurzelknolle befindet und daher einfache Verarbeitungsschritte genügen (schälen, kochen oder braten), bedingt der bittere, bei dem das Linamarin in der ganzen Knolle verteilt ist, grösseren Verarbeitungsaufwand. Doch wohlgemerkt: Von den 24 wichtigsten Nahrungspflanzen des Menschen enthalten 16 Blausäure, wenn auch meist in geringerem Masse und nicht immer im konsumierten Teil.» («Maniok – das Wurzelbrot der Tropen». In: «Sprechstunde» 3/2010. S. 29,30.)
Maniok gilt trotz einiger Nachteile als eine ideale Pflanze für die Tropen weil sie auch auf kargen Böden eine reichhaltige Ernte erlaubt. Ausserdem kann die Wurzel ungeerntet bis zu drei Jahre lang im Boden aufbewahrt werden, eine bedeutende Reserve für magere Zeiten. Mehr zu den vor und Nachteilen von Maniok auf der Maniok-Seite des Instituts für Lebensmittel- und Ernährungs-Wissenschaften der ETH Zürich: www.casava.ch.
* Wir beziehen uns in diesem Abschnitt vor allem auf Alan Davidson («The Oxford Companion to Food», Kapitel Maniok) sowie Sigmund Rehm und Gustav Espig («Die Kulturpflanzen der Tropen und Subtropen», Kapitel Maniok).
Einmal geerntet, lässt sich Maniok nur sehr schlecht lagern und beginnt nach zwei bis drei Tagen zu verderben. Ein grosser Teil der Ernte wird deshalb sofort geschält, gewaschen, gekocht und verzehrt oder aber zu besser haltbaren und gleichzeitig weniger giftigen Produkten weiterverarbeitet. Es gibt zahllose Verfahren, die von Land zu Land variieren – gemeinsam ist ihnen, dass sie zu einem grossen Teil ziemlich aufwendig sind: Meist werden die Knollen geschält, zerrieben, einige Tage eingeweicht und dann ausgepresst, getrocknet, gedämft oder geröstet – wobei die Reihenfolge eine andere sein kann. Entsprechend gross ist die Vielfalt der Maniok-Produkte. Oft wird Maniok auch fermentiert, was den Geschmack verbessert, die Haltbarkeit verlängert und die Giftigkeit reduziert. Oder die Stärke wird extrahiert und weiterverarbeitet – etwa zu Tapioka, das bei uns meist in Form von feinen, weissen Stärke-Kügelchen in den Handel gelangt.
In den Asia-Geschäften Westeuropas sowie in grösseren Supermärkten findet man nebst einer Vielzahl von Maniok-Produkten oft auch frische Knollen. In aller Regel handelt es sich dabei um süssen Maniok, der weniger Blausäure enthält als der bittere. Die Knollen sind von einer feinen, weisslichen Wachsschicht überzogen, die für ihre Haltbarkeit sorgt. Beim Einkauf sollte man darauf achten, dass die Oberfläche der Knolle nirgends verletzt ist und sie keine weichen Stellen aufweist. Der Preis liegt nur wenig über dem Kilopreis von Kartoffeln.
Man kann den Maniok auch in Ofen backen. Dabei verfährt man wie oben beschrieben, lässt die Stücke aber nach dem Waschen gut abtropfen und tupft sie mit etwas Küchenpapier trocken. Dann setzt man sie auf ein mit Backtrennpapier belegtes Blech und schiebt sie je nach Grösse der Stücke für 20 bis 25 Minuten in den auf 220° vorgeheizten Ofen. Das Resultat sind Maniok-Stücke mit einer trockenen, knackigen Aussenhaut und einem relativ mürben Inneren. Erinnert gekochter Maniok eher an sehr aromatische Kartoffeln, so lässt sich die Knolle gebacken vielleicht am ehesten mit Kastanien vergleichen.
Gewöhnlich wird Maniok nur wegen seiner Wurzel kultiviert – in Afrika allerdings werden auch die Blätter der Pflanze als Gemüse gekocht und verspiesen. Im Kongo heissen die Blätter (und auch das aus ihnen gekochte Gericht) Saka-Saka oder auch Pondu. Es gab offenbar Zeiten, in denen Saka-Saka in Zentralafrika sehr häufig gekocht wurde: Joëlle Cuvilliez und Alexandre Bella («Cuisine d'Afrique Noire», S. 130) überliefern die folgende Anekdote: «In den 80er Jahren wurde Saka-Saka sehr häufig gekocht. So häufig, dass jene, die es müde waren, Maniok-Blätter mittags und abends zu essen, das Gerücht in die Welt setzte, der gleichzeitige Konsum der Blätter und der Wurzeln von Maniok provoziere schreckliche Alpträume.»Frische Maniokblätter sollten möglichst jung und fein sein und müssen, bevor man sie kocht, heftig im Mörser zerstossen, werden. In Europa sind Maniok-Blätter, so viel wir wissen, nur gefroren oder in Dosen zu bekommen. Das hat allerdings den Vorteil, dass sie in aller Regel bereits mechanisch zerstossen und je nachdem auch vorgekocht wurden. Gefrorene Maniok-Blätter, wie man sie in Europa bekommt, gleichen von der Konsistenz her gefrorenem Spinat. Roh haben sie einen etwas chemisch wirkenden Geruch und zu Beginn der Kochzeit sind sie sehr zäh. Wir haben sie eine knappe Stunde zusammen mit fein gehackter Zwiebel, etwas Salz und einer Chilischote köcheln lassen bis fast alles Wasser verdampft war. Das Resultat war eine grüne Pampe mit einem erstaunlich markanten, mit nichts zu vergleichenden Aroma. Im Kongo wird Saka-Saka auch gerne mit geräuchertem oder frischem Fisch, mit Fleisch oder geräuchertem Hühnchen gekocht - oft unter Zugabe von Moambe (Palmfruchtsauce) und Erdnussbutter. Diverse Rezepte für Saka-Saka finden sich bei Joëlle Cuvilliez und Alexandre Bella («Cuisine d'Afrique Noire», S. 133-137).
First Publication: 21-11-2010
Modifications: 23-11-2010, 5-10-2011, 20-11-2015