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Reben und ein altes Herrenhaus auf der Halbinsel Au am Zürichsee. (Sonntag, 13. Oktober 2013)

15. Flasche

Wie wenig wir mitbekommen

Barbera d'Asti Boeri Pörlapá 2007

Von aussen riecht der Wein unbewegt nach Hefe und nach vergorener Frucht, ein wenig nach Keller auch. Bewegt treten Kirschen hervor, eine Ahnung von dunklem Tannenhonig und eine Idee von frisch gewickeltem Baby-Hinterteil, pudrig. Dazu kommt ein Rosmarin-Parfum, das dann und wann leicht in Richtung Veilchen zieht. Heute habe ich zum ersten Mal gesehen, woraus dieser Wein gemacht wird: die Früchte der Sorte Barbera sind dunkelblau bis nachtblau und formen eher kleine Trauben. In den letzten Wochen habe ich eine Ahnung davon bekommen, was für unterschiedliche Weine sich aus dieser Traube keltern lassen – fruchtige, wie frisch geputzt wirkende Getränke, oder auch solche, die nach Waldboden riechen, nach Schokolade, nach verbranntem Kuchen, nach Rosmarin oder Salbei, nach Lakritze…

Die Barbera-Traube ist eine von 180 Sorten, die auf der Halbinsel Au gezüchtet werden – als Sorten-Archiv und als dreidimensionales Lehrbuch für künftige Winzer. Diese 180 Sorten sind indes nur ein kleiner Teil von den insgesamt etwa 10'000 Trauben-Varietäten, die es weltweit gibt – und von denen die meisten auch zu Wein verarbeitet werden. Eines der ehrgeizigsten Projekte zur Erfassung dieser Vielfalt war wohl die Ampelographie, die Pierre Viala und Victor Vermorel zwischen 1901 und 1910 als «Traité général de viticulture» herausgebracht haben, beschreibt das monumentale Werk doch 5200 Sorten (500 mit Illustration).

Wie viele Aromen sich wohl mit 10'000 verschiedenen Trauben-Sorten herstellen lassen? Schon eine Flasche ist manchmal so dicht bepackt, dass sie uns kreuz und quer durch ein Universum der Düfte zu führen vermag. Auch das Trinken lässt uns erahnen, wie wenig wir von der Welt mitbekommen – insbesondere angesichts der unendlichen Möglichkeiten, die wir haben. Es ist manchmal nicht leicht, sich da am richtigen Ort zu fühlen.

Im Mund ist der Wein kaum bitter, frei von Tanninen, eher wässrig, leicht säuerlich, kaum süss. Von innen spielt der Barbera ganz die Kirschnote aus, lässt aber ebenfalls eine Ahnung von Rosmarin mitschwingen – er bleibt ein wenig hinter den Erwartungen zurück, die er von aussen geweckt hat. Im Abgang wird ein karamellisierter Flan an uns vorbeigetragen, vielleicht auch etwas Lakritze oder überreife Brombeeren.

Getrunken am Sonntag, 13. Oktober 2013 in der Küche meiner Wohnung über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei «Vini Vergani» in Zürich (Fr. 25.50 im August 2013).

Nächste Flasche

Barbera d'Asti Superiore Boeri Pörlapá

DOC, 2007, 14.5% Vol.

100% Barbera

Rotwein aus dem Piemont (Italien), produziert von Alfonso Boeri in Costigliole d’Asti (auf Karte anzeigen).

First Publication: 18-10-2013

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