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Das Geburtshaus von Knut Hamsun in Garmo östlich von Lom in Oppland. (Montag, 29. Juli 2013)

6. Flasche

Tote Dinge

Barbera d'Alba Palladino 2010

Von aussen riecht der Wein unbewegt ein wenig nach Stall, nach frischem Urin. Bewegt schwingt sich eine feine Frucht in den Vordergrund, Amarena-Kirsche mit einem Hauch Lakritze. Der Duft ist eher verhalten.

Im Mund ist der Wein zunächst markant sauer und beinahe ein wenig scharf, die Schleimhäute an den Mundrändern senden Warnsignale aus. Erst mit der Zeit wird eine lieblichere Schokolade-Note im Untergrund spürbar. Von innen riecht der Wein nach nicht ganz reifen Himbeeren und Lakritze, dann kommt eine Salbei-Note dazu – oder ist es eher altes Leder? Das Aroma ist ein wenig rau und sehr wechselhaft, lebendig. Man sagt das so: ein lebendiger Wein. Dabei ist Wein natürlich tot – eine tote Traube, die in einem Keller mehr oder weniger präzis gesteuerten Verwesungsprozessen unterworfen wurde. Immerhin: unter den toten Dingen ist der Wein wohl einer der lebendigsten. Mit der Zeit gesellt sich eine milde Pfefferminznote dazu, nur ganz fein, so wie sie in einem Mineralwasser spürbar sein könnte. Wie ernst soll man tote Dinge nehmen? Kann man sich von toten Dingen trösten lassen? Kann man sie als ein Gegenüber von Bedeutung ansehen, sich von ihnen angesprochen fühlen? So wie Knut Hamsun, der in «Pan» über den Stein hinter seinem Geburtshaus schreibt: «Er sah aus als habe er so etwas wie freundliche Gefühle mir gegenüber, als bemerke er mich, wenn ich vorbeiging, als erkenne er mich wieder» (Anfang des 3. Kapitels).

Das süsslich Frivole und das Ernste ringen in diesem Wein um die Oberherrschaft – und er neigt dazu, sich zu entziehen. Dabei sind die toten Dinge sonst verfügbarer als die lebendigen – und sie erwarten nichts, man muss ihnen nicht dankbar sein. Einem Wein schon – nur schon für den Nachklang aus Weihrauch und Salbei, den er im Mund hinterlässt.

Getrunken am Montag, 29. Juli 2013 auf einem Zeltplatz bei Spiterstulen im Jotunheimen Nationalpark (Norwegen). Gekauft bei «Vinmonopolet» in Lom (Norwegen). NOK 138 im Juli 2013.

Nächste Flasche

Barbera d'Alba Superiore Palladino

DOC, 2010, 13% Vol.

100% Barbera

Rotwein aus dem Piemont (Italien), produziert von Palladino in Serralunga d'Alba (auf Karte anzeigen).

First Publication: 31-8-2013

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