Im Inflight-Magazin einer asiatischen Fluggesellschaft publizierte Soe Noesuipawraepong, in Port-Louis lebender Journalist und Autor mit thailändischen Wurzeln, im Jahr 2011 eine Geschichte mit dem Titel «Coeur Royal». Der Text erzählt von einer jungen Mango aus der Gegend von Ayutthaya, der ehemaligen Hauptstadt Siams. Bei einem Schönheitswettbewerb in ihrer Heimat gewinnt die Mango den ersten Preis und wird zur Beautykönigin von Ayutthaya gekürt. Beseelt vom Wunsch, den «Puls der Welt zu spüren», macht sie sich auf nach Amerika, um dort «bestaunt zu werden» und schliesslich «eine göttliche Erleuchtung zu sein im Gaumentempel eines New Yorker Feinschmeckers.» Für das Ticket kratzt die Familie der kleinen Mango «noch die letzte Süsse aus ihren Sparstrümpfen zusammen». Die Reise ist beschwerlich und nach Ankunft in Amerika landet die kleine Frucht zunächst in einem Kühlhaus, wo «sie friert wie noch nie eine Königin aus Ayutthaya gefroren hat». Irgendwann aber schafft sie es, wie geplant in voller Reife und Süsse auf dem Stand eines Verkäufers in Soho zu landen – «im Rampenlicht ihrer eigenen Schönheit, unter der Glorie ihrer Royalität ». Dann allerdings stösst ein achtloser Passant gegen den Verkaufswagen, die Mango kommt ins Rollen, purzelt zu Boden und kullert unter ein in der Nähe parkiertes Auto, «wo ihr königlicher Glanz unbemerkt erlischt».
Mit der kleinen Geschichte spielt Soe Noesuipawraepong auf die Hoffnung vieler seiner Landsleute an, durch Verkauf ihrer Schönheit und durch Auswanderung in den Westen zu einem besseren Leben zu kommen. Gleichzeitig mokiert er sich ein wenig über den Glauben seiner Volksgenossen an die Unberührbarkeit ihres Königshauses. Wir aber können seit Lektüre von «Coeur Royal» an keinem Mangoverkäufer mehr vorbeigehen ohne uns zu fragen, ob nicht vielleicht im Rinnstein eine Königin von Ayutthaya ihren letzten Glanz verströmt.
First Publication: 14-3-2012
Modifications: 22-6-2013