Er sieht aus wie die erigierte Warze einer Brust, die sich mehr als andere nach der Zärtlichkeit einer Berührung sehnt – und man fragt sich, wie die Natur und ihr Gott etwas schaffen konnten, das so viel Begehren ausstrahlt. Dabei riecht das Kölbchen auf geradezu frivole Art fruchtig warm – ja es kommt einem vor als halte man seine Nase in die Tiefen einer Damenhandtasche, wo parfümierter Lippenstift an Leder reibt und sich die Reste eines Bleistifts in den Flocken einer ausgelaufenen Gesichtscreme aalen.
(Deon Godet: «Sprache der Gewürze», S.71)
Laut Gernot Katzer («Picantissimo», S. 143) stammt der Lange Pfeffer ursprünglich aus dem Nordosten Indiens, wo er schon in vorgeschichtlicher Zeit als Gewürz und Medizin genutzt wurde. Erstmals schriftlich erwähnt wird er im «Yajurveda» (einem der vier Veden des Hinduismus). Katzer: «Durch seine nordindische Herkunft profitierte er rasch von der Öffnung der Handelsrouten nach den Eroberungszügen von Alexander dem Grossen: Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. wurde er nach Griechenland und später nach Rom exportiert, wo er eines der teuersten und geschätztesten Gewürze war. Sein Sanskrit-Name pippali wurde von den Griechen übernommen und später auf den eng verwandten schwarzen Pfeffer übertragen.» In nachantiker Zeit verlor der Lange Pfeffer offenbar zunehmend an Bedeutung, vor allem als die scharfen Chilis in den Küchen der Welt ihre ersten Auftritte hatten – auch sie wurden gelegentlich Langer Pfeffer genannt.
Langer Pfeffer ist eine kriechende oder kletternde Pflanze mit dunkelgrünen, länglich herzförmigen Blättern und kleinen zweihäusigen Blüten, die dicht gedrängt an aufrechten Blütenständen stehen. Aus den weiblichen Ähren entwickeln sich kompakte Fruchtstände, die aus vielen miteinander verwachsenen Einzelfrüchten bestehen, bis 4 cm lang werden und reif eine rötlichbraune Farbe annehmen. Langer Pfeffer wächst heute wild in Indien, hauptsächlicher Produzent ist Indonesien.
Oft heisst es (zum Beispiel bei Hansjörg Küster – «Kleine Kulturgeschichte der Gewürze», S. 196), der Lange Pfeffer habe ein schwächeres Aroma als der Schwarze. Das können wir nicht bestätigen – im Gegenteil: der Lange Pfeffer riecht ausserordentlich stark und eigentümlich, fast schon wie ein Parfum, warm und ein wenig wie nicht ganz neues Leder. Im Mund ist er pfefferscharf, hell und klar, deutlich schärfer als die meisten Pfeffersorten. Im Abgang leicht betäubend und fast ein wenig süsslich. Laut Gernot Katzer («Picantissimo», S. 145) spielt der Lange Pfeffer in der Küche nur eine untergeordnete Rolle. Auch in Indien habe er seine frühere Bedeutung weitgehend verloren und werde nur noch für Pickles verwendet – vor allem von den Bengalen. Ausserhalb Indiens spielt der Lange Pfeffer laut Katzer nur noch in Äthiopien eine Rolle, wo er Teil der Gewürzmischung Berbere ist. Auf Santa Lemusa wird der Pfeffer sicher schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts angebaut und kommt auf jeden Fall bereits bei Guy Baward («Manuel de Cuisine») als Zutat in mehreren Rezepten vor.
Familie: Piperaceae (Pfeffergewächse)
Gattung: Piper (Pfeffer)
Art: Langer Pfeffer
Wissenschaftlich: Piper longum
Deutsch: Stangenpfeffer
Englisch: long pepper, Javanese pepper, Indian oder Indonesian long pepper
Französisch: poivrier long
Spanisch: pimienta larga
Italienisch: pepe lungo
Hindi: pippli, pipal
First Publication: 5-1-2011
Modifications: 6-10-2011