Schmortopf aus Auberginen, Zucchini, Paprika, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und Rosmarin – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 141228 Cassis Calanque de l'Oule
Während Jahren haben wir Ratatouille immer ungefähr nach demselben, ausserordentlich einfachen Rezept zubereitet: Zwiebel und Knoblauch in etwas Olivenöl andünsten, wenn glasig, Aubergine, Zucchini und Paprika in nicht zu kleinen Stücken dazu, kurz anbraten, dann fein gehackte Tomaten, Rosmarin und Chili sowie ein kleines Glas Wasser beigeben, schmoren bis es stimmt und die ganze Küche himmlisch duftet. Wir werden sicher auch in Zukunft unsere Ratatouille immer wieder nach einem ähnlichen ‹Rezept› kochen – hier aber wollen wir eine subtilere Form des Gerichts vorstellen, die sicher auch mehr mit provenzalischen Originalrezepten zu tun hat als unsere simple Gemüse-Schmore. Denn das Rezept stammt von Julia Child (1912-2004), die – wenngleich mit dem Makel behaftet, Amerikanerin zu sein – sicher mehr über die Küche Frankreichs wusste als viele Zeitgenossen im Hexagon.
In ihrem Standardwerk «Mastering the Art of French Cooking» (Volume 1) schreibt Child: «A really good ratatouille is not one of the quicker dishes to make, as each element is cooked separately before it is arranged in the casserole to partake of a brief communal simmer. This recipe is the only one we know of which produces a ratatouille in which each vegetable retains its own shape and character. Happily a ratatouille may be cooked completely the day before it is to be served, and it seems to gain in flavor when reheated.»
Wir halten uns hier ziemlich streng an das Rezept von Julia Child – geben allerdings, dies ist von den Zutaten her die einzige Abweichung, ein paar Zweige Rosmarin mit in die Ratatouille. Denn die Provence ist voller Rosmarin-Sträucher und das wunderbare Kraut ist für uns fast so etwas wie die würzige Krone dieses Gemüse-Gerichts. Alle anderen Modifikationen gegenüber dem Original werden im Rezept selbst diskutiert. Laut Alan Davidson («Oxford Companion to Food», Kapitel Ratatouille) stammt die Ratatouille aus der Gegend von Nizza und wurde erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts auch überregional bekannt. Tatsächlich sucht man in den beiden grossen Klassikern der französischen Küche, die im frühen 20. Jahrhundert erschienen, vergeblich nach einem solchen Gemüse-Gericht: Weder bei Escoffier («Le Guide culinaire») noch bei Ali Bab («Gastronomie pratique») kommt eine Ratatouille vor. Das erste gedruckte Rezept erschien um 1930 in einem Werk über die Küche von Nizza (Henry Heyraud: «La Cuisine à Nice». Nice: Leo Barma).
Das Wort Ratatouille stammt offenbar von ratouiller und tatouiller ab, zwei expressiven Formen von touiller (=rühren). Davidson merkt an: «By the end of the 20th century the term has become so widely known that it is sometimes used as a generic term for any similar preparation made with other vegetable ingredients.»
Als wir die Ratatouille nach Art von Julia Child zum ersten Mal kochten, Ende Dezember 2014 bei Freunden in Paris, haben wir uns natürlich gefragt, ob das Resultat den grosse Aufwand rechtfertigen würde: Unsere Haus-Ratatouille stellen wir für vier Personen in etwas 10 Minuten her, Childs Version hat uns über eine Stunde lang beschäftigt. Ausserdem haben wir uns gefragt, ob die Feuchtigkeit von nur etwa fünf entkernten Tomaten ausreichen würde, das viele Gemüse in eine Ratatouille zu verwandeln. Es hat funktioniert und der Aufwand lohnt sich auf jeden Fall, denn die Ratatouille hat eine Struktur, die man mit unserem Schnell-Verfahren schlicht nicht erreicht: Namentlich die Auberginen und die Zucchini bewahren sich ihren eigenen Charakter und sind dabei doch auch gut in das Ganze eingebunden. Die Ratatouille ist etwas trockener und die relativ wenigen Tomaten lassen Platz für die Aromen der anderen Gemüse. Die Ratatouille nach Art von Julia Child kann man unserer Ansicht nach auch gut als vegetarische Hauptspeise servieren: sie hat ein komplexes Aroma und präsentiert sich hübsch in ihrem Schmortopf.
Auberginen, Zucchini und Tomaten sind eigentlich Sommer-Gemüse, die jedoch das ganz Jahr hindurch angeboten werden. Die lange Brat- und Schmorzeit holt auch aus fahlem Treibhausgemüse einiges Aroma heraus. Die Ratatouille kann warm oder auch kalt gegessen werden. Wie fast alle Schmorgerichte schmeckt auch sie am nächsten oder übernächsten Tag noch besser.
Ziehzeit 30 Minuten
Kochzeit 50 Minuten
500 g Aubergine (gerüstet 350 g)
400 g Zucchini (gerüstet 350 g)
1 EL Salz
Etwa 2 TL Olivenöl für das Anbraten der Auberginen
Etwa 2 EL Olivenöl für das Anbraten der Zucchini
Etwa 1 EL Olivenöl für das Anbraten von Zwiebeln und Paprika
2 Zwiebeln (gut 300 g), fein gehackt
2 grüne Paprika (300 g), entkernt, in länglichen Streifen
2 Zehen Knoblauch, zerquetscht
3 kleine Zweiglein Rosmarin
1 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
1 TL Salz
500 g Tomaten, geschält, entkernt und in 1 cm dicke Streifen geschnitten
Salz zum Abschmecken
3 EL flache Petersilie, grob gehackt
First Publication: 6-1-2015
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