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«Ratatouille perfumes the kitchen with the essence of Provence and is certainly one of the great Mediterranean dishes», schwärmt die Amerikanerin Julia Child. (Paris, Dezember 2014)

Rataouille nach Art von Julia Child

Schmortopf aus Auberginen, Zucchini, Paprika, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und Rosmarin – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 141228 Cassis Calanque de l'Oule

Während Jahren haben wir Ratatouille immer ungefähr nach demselben, ausserordentlich einfachen Rezept zubereitet: Zwiebel und Knoblauch in etwas Olivenöl andünsten, wenn glasig, Aubergine, Zucchini und Paprika in nicht zu kleinen Stücken dazu, kurz anbraten, dann fein gehackte Tomaten, Rosmarin und Chili sowie ein kleines Glas Wasser beigeben, schmoren bis es stimmt und die ganze Küche himmlisch duftet. Wir werden sicher auch in Zukunft unsere Ratatouille immer wieder nach einem ähnlichen ‹Rezept› kochen – hier aber wollen wir eine subtilere Form des Gerichts vorstellen, die sicher auch mehr mit provenzalischen Originalrezepten zu tun hat als unsere simple Gemüse-Schmore. Denn das Rezept stammt von Julia Child (1912-2004), die – wenngleich mit dem Makel behaftet, Amerikanerin zu sein – sicher mehr über die Küche Frankreichs wusste als viele Zeitgenossen im Hexagon.

In ihrem Standardwerk «Mastering the Art of French Cooking» (Volume 1) schreibt Child: «A really good ratatouille is not one of the quicker dishes to make, as each element is cooked separately before it is arranged in the casserole to partake of a brief communal simmer. This recipe is the only one we know of which produces a ratatouille in which each vegetable retains its own shape and character. Happily a ratatouille may be cooked completely the day before it is to be served, and it seems to gain in flavor when reheated.»

Wir halten uns hier ziemlich streng an das Rezept von Julia Child – geben allerdings, dies ist von den Zutaten her die einzige Abweichung, ein paar Zweige Rosmarin mit in die Ratatouille. Denn die Provence ist voller Rosmarin-Sträucher und das wunderbare Kraut ist für uns fast so etwas wie die würzige Krone dieses Gemüse-Gerichts. Alle anderen Modifikationen gegenüber dem Original werden im Rezept selbst diskutiert. Laut Alan Davidson («Oxford Companion to Food», Kapitel Ratatouille) stammt die Ratatouille aus der Gegend von Nizza und wurde erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts auch überregional bekannt. Tatsächlich sucht man in den beiden grossen Klassikern der französischen Küche, die im frühen 20. Jahrhundert erschienen, vergeblich nach einem solchen Gemüse-Gericht: Weder bei Escoffier («Le Guide culinaire») noch bei Ali Bab («Gastronomie pratique») kommt eine Ratatouille vor. Das erste gedruckte Rezept erschien um 1930 in einem Werk über die Küche von Nizza (Henry Heyraud: «La Cuisine à Nice». Nice: Leo Barma).

Das Wort Ratatouille stammt offenbar von ratouiller und tatouiller ab, zwei expressiven Formen von touiller (=rühren). Davidson merkt an: «By the end of the 20th century the term has become so widely known that it is sometimes used as a generic term for any similar preparation made with other vegetable ingredients.»

Als wir die Ratatouille nach Art von Julia Child zum ersten Mal kochten, Ende Dezember 2014 bei Freunden in Paris, haben wir uns natürlich gefragt, ob das Resultat den grosse Aufwand rechtfertigen würde: Unsere Haus-Ratatouille stellen wir für vier Personen in etwas 10 Minuten her, Childs Version hat uns über eine Stunde lang beschäftigt. Ausserdem haben wir uns gefragt, ob die Feuchtigkeit von nur etwa fünf entkernten Tomaten ausreichen würde, das viele Gemüse in eine Ratatouille zu verwandeln. Es hat funktioniert und der Aufwand lohnt sich auf jeden Fall, denn die Ratatouille hat eine Struktur, die man mit unserem Schnell-Verfahren schlicht nicht erreicht: Namentlich die Auberginen und die Zucchini bewahren sich ihren eigenen Charakter und sind dabei doch auch gut in das Ganze eingebunden. Die Ratatouille ist etwas trockener und die relativ wenigen Tomaten lassen Platz für die Aromen der anderen Gemüse. Die Ratatouille nach Art von Julia Child kann man unserer Ansicht nach auch gut als vegetarische Hauptspeise servieren: sie hat ein komplexes Aroma und präsentiert sich hübsch in ihrem Schmortopf.

Auberginen, Zucchini und Tomaten sind eigentlich Sommer-Gemüse, die jedoch das ganz Jahr hindurch angeboten werden. Die lange Brat- und Schmorzeit holt auch aus fahlem Treibhausgemüse einiges Aroma heraus. Die Ratatouille kann warm oder auch kalt gegessen werden. Wie fast alle Schmorgerichte schmeckt auch sie am nächsten oder übernächsten Tag noch besser.

Ziehzeit 30 Minuten
Kochzeit 50 Minuten 

Zutaten (Beilage für 4 Personen)

500 g Aubergine (gerüstet 350 g) 

400 g Zucchini (gerüstet 350 g)

1 EL Salz

Etwa 2 TL Olivenöl für das Anbraten der Auberginen

Etwa 2 EL Olivenöl für das Anbraten der Zucchini

Etwa 1 EL Olivenöl für das Anbraten von Zwiebeln und Paprika

2 Zwiebeln (gut 300 g), fein gehackt

2 grüne Paprika (300 g), entkernt, in länglichen Streifen

2 Zehen Knoblauch, zerquetscht

3 kleine Zweiglein Rosmarin

1 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen 

1 TL Salz

500 g Tomaten, geschält, entkernt und in 1 cm dicke Streifen geschnitten

Salz zum Abschmecken

3 EL flache Petersilie, grob gehackt

Zubereitung

  1. Aubergine schälen, vom Blütenansatz befreien und der Länge nach in nicht ganz 1 cm dicke und 8 bis 10 cm lange Scheiben schneiden. Zucchini waschen, Enden abschneiden und wie die Aubergine in Scheiben zerlegen. Gemüse in eine Schüssel geben, mit 1 EL Salz bestreuen, kurz wenden, 30 Minuten ziehen lassen. Abspülen und trocken tupfen.
    Ziel dieses Arbeitsschrittes ist es, dem Gemüse Wasser zu entziehen. Das Trockentupfen der Scheiben muss sorgfältig geschehen und ist deshalb ziemlich aufwendig. Wir haben die Ratatouille allerdings auch schon ohne dieses Salz-Manöver hergestellt und die Gemüse-Scheiben einfach etwas länger angebraten. Das Resultat schien uns identisch.
  2. Eine Bratpfanne mit Antihaftbeschichtung mit wenig Olivenöl ausstreichen und die Auberginen-Scheiben je drei bis fünf Minuten pro Seite anbraten – bis sie eine bräunliche Farbe angenommen haben. Den Vorgang wiederholen bis alle Tranchen aufgebraucht sind.
    Julia Child brät Auberginen und Zucchini gleichermassen in einigem Olivenöl an – mit dem Resultat, dass die Auberginen massenweise Fett aufsaugen. Das scheint uns im Zeitalter von Pfannen mit Antihaftbeschichtung nicht unbedingt notwendig.
  3. Etwas mehr Olivenöl in die Bratpfanne geben und nun die Zucchini nach demselben Prinzip anbraten – bis sie eine bräunliche Farbe angenommen haben.
  4. Nochmals etwa 1 EL Olivenöl in die Pfanne geben. Zwiebel und Paprika darin bei mittlerer Hitze vorsichtig dünsten bis sie weich sind (aber nicht braun).
  5. Knoblauch, Rosmarin, Salz und Pfeffer beigeben, kurz vermischen. Die Tomatenstücke auf Zwiebeln und Paprika legen. Deckel aufsetzen und 5 bis 10 Minuten bei niedriger Temperatur köcheln lassen – bis die Tomaten angefangen haben, ihren Saft abzusondern.
  6. Deckel abheben, Saft vom Rand der Pfanne über die Tomaten löffeln, Deckel wieder auflegen und nochmals 5 Minuten köcheln lassen. Deckel abheben und den Saft weitgehend verdunsten lassen. Mit Salz abschmecken.
    Julia Child hatte offenbar derart saftige Tomaten zur Verfügung, dass sie diese über längere Zeit ausdünsten lässt. Wir mussten diesen Punkt ein wenig modifizieren.
    Ev. kann man an diesem Punkt die Nadeln vom Holz des Rosmarins streifen und die Stängel entfernen. Alternativ kann man den Rosmarin auch schon vor dem Kochen abzupfen und die Nadeln je nachdem auch ein wenig zerkleinern.
  7. Ein Drittel der Tomaten-Mischung in einen feuerfesten und gut verschliessbaren Topf geben (wie verwenden einen schweren Schmortopf), 1 EL Petersilie darüber streuen. Die Hälfte der Auberginen- und Zucchini-Streifen darüber verteilen. Das zweite Drittel der Tomaten-Mischung darüber anrichten, wieder mit 1 EL Petersilie bestreuen. Die restlichen Auberginen und Zucchini darüber verteilen und zum Schluss wieder Tomaten und Petersilie draufgeben. Die Masse mit einem Spachtel ein wenig zusammendrücken.
  8. Topf zuzudecken rund 10 Minuten über sanfter Flamme köcheln lassen.
  9. Deckel abheben, Topf leicht schräg halten, damit der Saft in einer Ecke zusammenläuft. Saft über die Oberfläche löffeln. Topf ohne Deckel bei leicht erhöhter Hitze weitere 15 Minuten köcheln lassen – dabei immer wieder etwas Saft vom Rand über die Oberfläche löffeln. Zum Schluss sollte die Ratatouille eher trocken wirken und fest – das heisst es sollten am Rande des Topfs keine grösseren Saftlachen mehr sichtbar sein. Die Hitze sollte so niedrig sein, dass das Gemüse nicht am Boden ansitzt.
    Das fertige Gericht hat so noch einigen Biss und alles Gemüse, sogar die Tomaten bewahren noch ihre Form. Will man die Ratatouille stärker amalgamieren, lässt man sie einfach etwas länger mit Deckel kochen. Wichtig ist dabei, dass Topf und Deckel so beschaffen sind, dass die aufsteigende Feuchtigkeit wieder in die Masse zurückgeführt wird – sonst sitzt das Gemüse möglicherweise an.
    Man kann die Ratatouille gut lange vor dem Essen fertig kochen – und wärmt sie dann einfach ganz sanft wieder auf.
Das Anbraten der Auberginen- und Zucchini-Scheiben dient auch dazu, dem Gemüse Wasser zu entziehen. (Zürich, Januar 2015)
Die untersten zwei Lagen der geschichteten Ratatouille. (Paris, Dezember 2014)
Die in den Topf geschichteten Elemente der Ratatouille zu Beginn der Kochzeit. (Zürich, Januar 2015)
Die fertig gekochte Ratatatouille kann warm oder kalt gegessen werden – sie lässt sich auch leicht wieder aufwärmen.
Auf dem Teller sind alle wichtigen Elemente des Gerichts noch immer separat wahrnehmbar, sogar die Tomaten. (Zürich, Januar 2015)
Wenn man die Ratatouille etwas länger kochen lässt, dann verschmelzen die Zutaten zunehmend miteinander – Zucchini und Auberginen bewahren aber auch nach längerer Kochzeit Form und Charakter. (Paris, Dezember 2014)
Zum Aufwärmen kann man die Ratatouille auch in eine feuerfeste Form umschichten und dann im Ofen erhitzen. Oder man isst sie kalt als Vorspeise, zum Beispiel mit einem Stück Bûche de chèvre. (Zürich, Januar 2015)
Die Calanques zwischen Cassis und Marseille sind voller Rosmarin, der sogar im Winter kleine Blüten treibt – dieser Strauch klammert sich über Calanque de l’Oule an einem Felsen fest. (Dezember 2014)

First Publication: 6-1-2015

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