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Peking, Sommerpalast, Südsee

Szene 11

Der Sommerpalast ist eines der wichtigsten Ausflugsziele der Bewohner von Peking – vor allem Pensionäre kommen in Scharen hierher, um den Teichanlagen entlang zu spazieren, mit Schatten zu boxen oder mit Wasser Gedichte aufs Pflaster zu pinseln. Trotz der vielen Leute fand sich Maille plötzlich ganz alleine auf einem Vergnügungsboot wieder und wurde von zwei Männern von der sogenannten Südsee-Insel zum Westdeich (Xidi) hinüber gerudert.

Kaum tat man in diesem Land etwas nicht so, wie man es gewöhnlich tut, fand man sich plötzlich ganz alleine wieder. Planen liess sich das leider nicht – man konnte die unerwartete Einsamkeit nur wie ein Geschenk hinnehmen. Ein Geschenk, das in den Augen der Einheimischen allerdings eher ein Fluch war denn ein Segen – so jedenfalls hatte es ihm Madame Tu erklärt, die Besitzerin eines asiatischen Ladens in der Altstadt von Port-Louis, wo Maille gerne Gewürze und Kräuter einkaufte. Für Chinesen, so hatte ihm die hübsche Dame deutlich gemacht, gibt es nur einen einzigen nachvollziehbaren Grund, warum jemand ganz alleine in der Landschaft unterwegs ist: Heftigster, abgrundtiefer, schmerzlichster Liebeskummer.