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Peking, Altes Observatorium

Szene 20

Als Maille aufwachte, goss es in Strömen – zugleich war es warm. Kaum hatte er seinen Hotel-Kühlschrank verlassen, klebten ihm die Kleider wie feuchte Teigfetzen am Leib. Mit der Untergrundbahn fuhr Maille bis zur Station Jianguomen, von wo es nur wenige Schritte waren bis zum alten Observa-torium, das offenbar über Jahrhunderte hinweg das Zentrum der chinesischen Astronomie gewesen war.

Maille trat in den Hof des Museums. Es hatte aufgehört zu regnen – doch von den mächtigen Bäumen, die das Gebäude um mehrere Meter überragten, tropfte noch das Wasser. In-mitten der Pavillons stand der Sternenglobus mit den Drachen, kleiner als das Exemplar vom Flughafen, wahrscheinlich allerdings das Original – doch wer konnte das in China schon wissen. Es war ruhig in dem Hof, Besucher waren keine da und auch keine Wärter – das Observatorium gehörte ganz offensichtlich nicht zu den grossen touristischen Attraktionen der Stadt. Maille ging um den Globus herum und tatsächlich: Auf der Kralle eines Drachen flatterte ein olivgrünes Porträt von Mao Zedong, eine kleine Banknote, ein Yuán oder Kuài, ein «Stück». Das musste die Nachricht von Zhang sein – erstaunlich, dass niemand anderer sie gefunden hatte.

Maille nahm das feuchte Papierchen an sich und ging in einen der Ausstellungsräume, um es sich dort genauer zu besehen. Auf der Rückseite der Note, über den Wogen des darauf abgebildeten Flusses, waren mikroskopisch kleine Zeichen zu erkennen. Maille musste die Note ins Licht einer Lampe halten, um entziffern zu können, was da geschrieben stand: «Hing has K.», hiess es da – nicht wirklich eine Überraschung. Darunter aber stand: «Find evidence in Sweden» – darauf folgten ein paar Zahlen, wahrscheinlich GPS-Koordinaten. Hatte Zhang diese Informationen dem Dossier entnommen, das er auf der Chinesischen Mauer kurz hatte studieren können? Erstaunlich, dass sich der Agent von «Büro 106» nach einem solchen Schlag an den Kopf überhaupt noch an etwas erinnern konnte – und dann auch noch an Zahlen! Oder war Zhang auf anderem Weg zu diesen Informationen gekommen?