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Moskau, Hotel «Banna»

Szene 6

Manchmal entgleiten einem die Dinge sosehr, dass man nur noch in seiner Badewanne ein kleinwenig Herr der Lage ist. Man hält die Luft an und wird zur Kaulquappe, die ganz allmählich auf den Boden ihres Teiches sinkt. Die Welt ist kaum mehr zu hören, kaum noch zu sehen durch all den Schaum – man riecht nichts, fühlt sich bleiern und schwerelos zugleich. Dann aber wird die Luft auch schon knapp und man muss raus aus dem Kiemengarten. Wie eine Luftblase treibt man zur Oberfläche, schiesst aus dem Schaum heraus und macht es so keuchend wieder und wieder mit das Drama der Evolution, das aus zufriedenen Kaulquappen mürrische Frösche macht, die direkt in den Schnäbeln der Störche landen oder, wenn sie Glück haben, wenigstens auf dem Fleischbrett französischer Köche. Auch nach seiner etwas widerwilligen Metamorphose unter dem wie ein Duschraum voller Tennisspieler riechenden Schaum des Hotels «Banna», fand sich Maille in Moskau wieder – natürlich, denn so leicht kam man sich nicht davon.