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Sydney, Hickson Road

Szene 1

Als Hektor Maille in Sydney landete, war es schon spät und dunkel. Vielleicht die beste Gelegenheit, um einfach nicht zu erscheinen. Aber kann man sich als Hauptfigur unbemerkt aus einer Geschichte davon stehlen? Kann man seine eigene Story schwänzen so wie man früher die Schule geschwänzt hat? Und wo ist man als Protagonist wenn man nicht in seiner Geschichte ist? In einem anderen Epos vielleicht? «Hektors Abschied» heisst ein Gedicht von Schiller, das die letzte Begegnung des trojanischen Helden mit seiner Frau Andromache schildert – erschütternde Zeilen voller Heldenmut und dunkler Bedrohung: «Nimmer lausch ich deiner Waffen Schalle – Müssig liegt dein Eisen in der Halle».

Hektor Maille hatte eigentlich keine Lust, in die Australien-Episode einzusteigen. Aber natürlich war es als Lebensentwurf auch nicht sonderlich verlockend, von einem Achill erschlagen und dann drei Mal um die Mauern seiner Stadt geschleift zu werden. Die Alternativen waren unklar. Und also beschloss er schliesslich, doch noch anzutreten. Ausserdem war das Unbehagen in der eigenen Geschichte ja ein alter Hut, den er sich in Japan schon mehrfach übergestülpt hatte. «Ich weiss nur eins: Weg von diesem komischen Harakiri-Haiku-Hokuspokus-Business», hatte eine stabreimtechnisch biegsame Leserin gefordert. Daran wollte er sich halten.