D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Frischer und weniger salzig als das Vorbild – das von uns so benannte Green Park Relish. (Zürich, Mai 2014)

Green Park Relish

Streichpaste aus geräuchertem Hering, getrocknetem Brot, Zitrone, Butter, Sesamöl und Schwarzem Kardamom – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 140828 London Green Park

Ein Relish ist eigentlich eine dickflüssige Sauce, die aus Obst oder Gemüse, Zucker, Säure und Gewürzen hergestellt wird. Im Jahr 1828 allerdings entwickelte der Engländer John Osborn in Paris eine salzige Paste aus pürierten Sardellen, Gewürzen und Butter, die er Gentleman’s Relish nannte und dann in England unter der Bezeichnung Patum Peperium («Pfefferpaste») vertrieb.* 1971 verkauften Osborns Nachfahren das streng geheime Rezept an den Lebensmittelkonzern Elsenham Quality Foods. Dort soll es offenbar immer nur einen einzigen Mitarbeiter geben, der das Rezept kennt.** Allerdings scheint diese Firma selbst heute nur noch als Name zu existieren…

Wie auch immer: 2008 jedenfalls kamen aus Anlass des 180jährigen Jubiläums von Patum Peperium verschiedene Versionen der Paste auf den Markt – unter anderem auch eine, die mit geräucherter Makrele hergestellt wird und The Angler's Relish heisst. Im Londoner Hauptgeschäft von Fortnum & Mason, nur wenige Schritte vom Green Park mit seinen einladenden Liegestühlen entfernt, wird Patum Peperium in allen möglichen Versionen angeboten – verpackt in kleinen Plastikbehältern, die ein wenig an Schnupftabak-Dosen denken lassen. Hier haben wir im Mai 2104 auch erstmals ein Döschen Angler's Relish gekauft und fanden es so lecker, dass wir uns daran gemacht haben, das Geheimrezept zu entschlüsseln – oder vielleicht müsste man eher sagen, das Aroma der gekauften Paste zu imitieren. Nach einigen Versuchen haben wir das folgende Rezept entwickelt, das sich recht einfach realisieren lässt.

Auf dem ersten Angler's Relish, das wir gekauft haben, fanden wir keine Angaben zur Zusammensetzung der Paste – was einfach damit zusammenhing, dass wir den Papierstreifen mit diesen Angaben beim Öffnen der Plastikdose abgerissen hatten (wie der kleine Behälter zu knacken war, gab uns zunächst sowieso Rätsel auf). Als wir dann im Herbst desselben Jahres wieder in London waren und uns eine zweite Dose des Relish bei Fortnum & Mason besorgten, fanden wir umgehend die Zutatenliste und stellten zu unserer Überraschung fest, dass wir einen Teil der Ingredienzien recht gut erraten hatten, andere aber ganz und gar nicht. Die grösste Überraschung waren die Gewürze: wir hatten auf Schwarzen Kardamom getippt – das Original aber ist mit Muskatnuss gewürzt. Ausserdem fiel uns erst jetzt auf, dass wir die Paste (aus welchen Gründen auch immer) jeweils mit Hering zubereitet hatten, derweilen das Original natürlich geräucherte Makrele verwendet. So haben wir als Folge einiger Irrtümer und kleiner Fehlleistungen eine Paste entwickelt, die bei aller Ähnlichkeit doch etwas leicht anderes ist – in Erinnerung an ein gemütliches Picknick im gleichnamigen Park haben wir der Paste den Namen The Green Park Relish gegeben.

Im direkten Vergleich fanden wir das gekaufte Angler's Relish viel salziger, stärker gewürzt und irgendwie ein bisschen muffig – oder anders formuliert: gemessen am Vorbild wirkt unser Relish geradezu frisch. Laut Angaben auf der Verpackung enthält The Angler's Relish die folgenden Zutaten: Smoked Mackerel (47%), Salted Butter (24%), Salt, Rusk (Wheat), Sugar, Concentrated Lemon Juice, White Wine Vigegar, Lemon Crumb, Lemon Oil, Nutmeg. Colour: Paprika Extract, Black Pepper, Cayenne Pepper.

Wir bereiten das Relish mit Hilfe eines Fleischwolfs zu – das geht ganz elegant und das Ergebnis ist sehr fein und gleichmässig. Man kann die Paste aber auch mit dem Pürierstab (Stabmixer) herstellen. Dabei muss man aufpassen, dass man die Masse nicht zu sehr erhitzt – auch ist das Resultat etwas weniger fein, spürt man je nach Sorgfalt beim Mixen da und dort vielleicht noch die Gräten des Herings durch. Je stärker der Hering geräuchert ist, desto rauchiger schmeckt auch das Relish. Wir servieren es mit dünnen Crackern oder mit Gebäck wie den italienischen Schwiegermutter-Zungen, mit geröstetem Brot oder mit feinen Scheiben von rohem Gemüse.

*Adam Edwards: «The height of good paste». In: «The Telegraph», 28. Dezember 2000.
**Gentleman's Relish: A Compendium of English Culinary Oddities: And Other English Culinary Oddities (Gourmet's Guide). Warrington: Anova Books, 2007.

Zutaten (für etwa 250 g Paste)

1 g ausgelöste Samen Schwarzer Kardamom (ca. 1/2 TL)

1 TL Koriandersamen (gut 1 g)

½ TL schwarzer Pfeffer

½ TL weisser Pfeffer

140 g geräucherter Hering ohne Haut, in Stücken

35 g Cracker

35 g trockenes Brot (alternativ zu diesen zwei Zutaten kann man auch 70 g Matze oder ähnliches verwenden, Hauptsache der Teig ist trocken und bröselig)

Abrieb von 1 Zitrone

2 EL Zitronensaft

2 EL Limettensaft

1 EL geröstetes Sesamöl

40 g Butter

Zubereitung

  1. Kardamom-Samen, Koriander und Pfeffer in einer elektrischen Kaffeemühle zu einem feinen Pulver verarbeiten.
    Wo es keine elektrische Mühle gab, haben wir die Gewürze auch schon mit Hilfe einer Pfeffermühle pulverisiert.
  2. Gewürze mit allen übrigen Zutaten (Hering, Cracker, Brot, Zitronenabrieb, Zitronensaft, Limettensaft, Sesamöl und Butter) vermengen und dann durch einen Fleischwolf (mit einer eher feinen Lochscheibe) geben. Mit der Gabel ein wenig durcharbeiten bis die Masse homogen erscheint, dann in ein Schüsselchen streichen und im Kühlschrank wenigstens eine Stunde lang durchziehen und fest werden lassen.
    Hat man keinen Fleischwolf zur Verfügung, kann man die Paste auch mit Hilfe eines Pürierstabs herstellen.
Ein ganzes Gestell mit Patum Peperium in allen möglichen Versionen steht im Untergeschoss des Londoner Hauptgeschäfts von Fortnum & Mason. (August 2014)
Der Fleischwolf (hier ein elektrisches Modell) produziert ein sehr feines und gleichmässiges Relish. (Zürich, Mai 2014)
Ungleich gewürzt: das Original und sein Imitat.
Das Green Park Relish passt gut auf einen reich gedeckten Tisch mit Appetithäppchen. (Zürich, Mai 2014)
Dieses Relish wurde mit Hilfe eines Pürierstabs in Pastenform gebracht. (Riederalp, November 2014)

First Publication: 3-11-2014

Modifications: