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«Geheimnisse der karibischen Küche»

Peter-Paul Zahl stammt aus Freiburg im Breisgau und lebt seit 1985 vorwiegend in Long Bay auf Jamaika. Der äusserst streitbare Schriftsteller publizierte zahlreiche Gedichtbände, Romane und Krimis – am bekanntesten sind wohl der Schelmenroman «Die Glücklichen» von 1979 sowie «Der schöne Mann» von 1994.

«Geheimnisse der karibischen Küche» ist das erste Kochbuch von Peter-Paul Zahl, der jedoch in der Einführung betont, dass er den leiblichen Genüssen auch in all seinen früheren Werken immer schon «sehr, sehr viel Raum eingeräumt» habe und erläutert: «Kochen nämlich ist Teil des Klassenkampfes. Ohne Neid kein Fortschritt. […] Und warum, verdammt, sollten Proletarier und Plebejer, die Verdammten dieser Erde, bei jener Küche bleiben, die ihnen einst durch die schiere Armut aufgenötigt war?» In einem ähnlichen lockeren Ton wird in der Folge die Geschichte Westindiens aufgerollt. Und dann wird Ananzi eingeführt – eine Art Till Eulenspiegel der Karibik. In seiner Begleitung wandeln wir auf gut 200 Seiten durch die grosse Küche zwischen Cuba und Tobago, wie sie Zahl erfahren und erforscht hat. Wir lernen die Grundschritte kennen und werden mit diversen Rezepten vertraut gemacht – wobei sich praktischeren Passagen abwechseln mit theoretischen Überlegungen zu Politik und Geschichte, mit persönlichen Erinnerungen und Anekdoten sowie kleinen Storys vom schlauen Ananzi. Ein besonders gelungenes Kapitel analysiert die «Zutaten eines Laboratoriums der Menschheit» und beschreibt, welche Beiträge die Europäer, Afrikaner, Inder, Chinesen, Portugiesen, Deutschen, Juden, Libanesen, Syrer und Palästinenser zu der karibischen Küche geleistet haben.

Bei den Rezepten finden sich nebst einigen Klassikern wie Callaloo, Cary de Mouton, Moros y Christianos oder Colombo auch manch ungewöhnliche Gerichte: «Rotgekochtes Hundefleisch» etwa oder «Geiler Ziegenbock» - wobei sich Zahl meistens die Mühe macht, die reine Handlungsanweisung durch einen kleinen Kommentar zu ergänzen. Subtile Zubereitungen wechseln sich ab mit Rezepten, die ein wenig an die Küche in einem Studentenheim erinnern (etwa ein Haschischkuchen namens «Mohameds Geschoss»). So viel Zahl über Hintergründe zu berichten weiss, so wenig sind seine eigenen Erfahrungen am Herd in den Beschreibungen zu spüren – ob er die Rezepte wohl je selbst ausprobiert hat? Illustriert ist das Buch mit Karikaturen von Beck - auch das macht deutlich, dass wir es hier weit mehr mit einem Stück Literatur zu tun haben denn mit einem Kochbuch im herkömmlichen Sinn. Vergnüglich zu lesen ist es allemal.

Peter-Paul Zahl: «Geheimnisse der karibischen Küche. Geschichte, Gegenwart, Genuss. Von Jamaica bis Curaçao». Hamburg: Rotbuch Verlag, 1998.

First Publication: 12-2008

Modifications: 6-3-2009, 13-10-2011