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Bei genauerem Hinsehen muten die kleinen Blüten der Ajowan-Pflanze einigermassen futuristisch an.

Ajowan

Ajowan wird heute fast ausschliesslich in der arabischen und indischen Küche verwendet – in Europa ist es kaum bekannt. Das Gewürz stammt vermutlich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Einige vermuten seinen Ursprung in Ägypten, anderen in Kleinasien oder Griechenland. Ajowan soll seit dem 3. Jahrhundert vor Christus in Indien angebaut werden – in der europäischen Antike wurde es allenfalls als Heilkraut angepflanzt.

Eine ganz junge Ajowan-Pflanze noch vor der Blüte. Ajowan lässt sich aus Früchten ziehen, die nach etwa zehn Tagen zu keimen beginnen.

Beschreibung

Ajowan ist eine einjährige, krautig wachsende Pflanze, die gewöhnlich etwa 50 bis 80 cm hoch wird. Sie hat kleine, fiederteilige Blätter, die sehr fragil wirken und ein wenig an Dill erinnern. Die kleinen weissen Blüten stehen in Dolden und entwickeln sich zu länglichen Früchten von grünlich-gräulicher bis bräunlich-rötlicher Farbe. Die Früchte sind oval, etwa 2 mm lang und fallen durch ihre markanten Längsrippen auf – oft hängt an ihrem Ende noch ein dünnes Stück Stil. Ajowan kann man aus den Früchten ziehen, die unter treibhausähnlichen Bedingungen nach etwa zehn Tagen zu keimen beginnen. Rund sechs Wochen später schon beginnt die Blüte. Ajowan braucht ein eher trockenes Klima und nicht zu viel Wasser. Zur Ernte werden die Stängel mit den noch unreifen Früchten geschnitten, getrocknet und gedroschen.

Charakter & Verwendung

Ajowan-Früchte gelangen meist ganz in den Handel. Die Früchte haben, vor allem wenn man sie zerdrückt, einen Duft, der oft als thymian-ähnlich wenn auch stärker und gröber beschrieben wird. Der Duft erinnert aber auch entfernt an Kreuzkümmel und ein wenig an Kümmel (Carum carvi), mit dem Ajowan botanisch verwandt ist. Im Mund schmecken die Ajowan-Früchte ebenfalls nach Thymian, zugleich bitter und brennend scharf. Sie lassen die Zunge oft leicht betäubt zurück. Der Nachgeschmack ist milder, ausgewogener. Das Brennend-Scharfe wird durch Kochen gemildert und verleiht den Gerichten dann eine interessante Note. Da Duft und Aroma von Ajowan sehr dominant sind, wird das Gewürz kaum je ganz allein verwendet – und meist eher vorsichtig dosiert.

Ajowan passt gut zu Fisch, zu frischen Bohnen, Kartoffeln, Karotten, Schwarzwurzeln, und anderem stärkehaltigen Gemüse wie Yams etc. Es kann auch in Broten mitgebacken werden und wird gerne Hülsenfrüchten beigemischt, um diese leichter verdaulich zu machen (vergleiche auch links den Passus zu den Medizinischen Eigenschaften). Wie Kreuzkümmel oder Fenchel wird auch Ajowan in Indien oft zusammen mit anderen Gewürzen in heissem Öl (Ghee) angeröstet bis es sich leicht dunkel verfärbt und ein stärkeres Aroma entwickelt. Dann wird dieses aromatisierte Öl unter das fertig gekochte Gemüse gerührt (mehr zum Rösten von Gewürzen hier).

Eine Möglichkeit mit Ajowan: Clam, gratiniert mit Muschelfleisch, Garnele und Schalotten in weisser Sauce mit diskretem Ajowan-Aroma.

Varia

Einer der chemischen Hauptbestandteile von Ajowan ist Thymol, das stark desinfizierend wirkt und früher auch zur Bekämpfung von Atemwegkrankheiten eingesetzt wurde. Dieser Desinfektionseffekt erklärt auch, warum Ajowan Hülsenfrüchte leichter verdaulich macht: Es verhindert bakterielle Stoffwechselprozesse im Darm, die zur Bildung von Gasen führen. Manche Quellen empfehlen das Kauen von Ajowansamen zur Bekämpfung von Magenschmerzen, Blähungen oder Völlegefühlen. Und Tom Stobart («Lexikon der Gewürze», S.27) weiss sogar, dass man in den Anbaugebieten «Ajowan-Wasser gegen die Cholera» trinkt.

Viele Spekulationen über die Herkunft von Ajowan stützen sich auf den Namen des Gewürzes – so fasst etwa Gernot Katzer («Picantsssimo», S.10) zusammen: «Der Name Ajowan geht auf das Sanskritwort yavana zurück, mit dem die alten Inder die hellenistischen Griechen bezeichneten, die im 4. vorchristlichen Jahrhundert nach Indien vordrangen (das Wort ist letztlich mitionisch verwandt).»

Laut Jill Norman («Kräuter und Gewürze», S.218) kennt die Küche Äthiopiens ein eigenes Ajowan, Ammi majus, das auch als Grosse Knorpelmöhre oder Bischofskraut bekannt und in Gewürzmischungen wie Berbere oder Chat Masala unentbehrlich ist.Gernot Katzer ((«Picantsssimo», S.11) wiederum weiss, dass in Indien nebst der gewöhnlichen Ajowan-Qualität (Nadiad ajwain) auch noch die Sorte Desi ajwain mit bis zu 4 mm langen Früchten angebaut wird – wobei letztere seltener in den Handel kommt.

Ajowan de Paris

Auf Santa Lemusa wird Ajowan hauptsächlich auf einer Hochebene südlich von Kap Kabrit angebaut – in der Nähe eines kleinen Weilers mit dem grossen Namen Paris. Hier hat sich um 1950 die Familie von Parvati Nayar aus Kerala niedergelassen und baut seit fünfzig Jahren auf kleinen, gut geschützten Feldern Ajowan an. Wegen der starken Winde auf dem Plateau wächst Ajowan hier eher kriechend und wird kaum höher als 15 Zentimeter. Dieser Umstand, gepaart mit der Sorgfalt der Nayars, verleiht dem Gewürz ein ganz spezifisches Aroma, eine leichte Moschusnote mit einer Idee Anis, die sich in das Thymianartige einmischt. Ajowan de Paris ist seit 1972 ein AOC-zertifiziertes Erzeugnis. Das von der Familie Nayar produzierte Gewürz wird von HOIO exklusiv nach Europa importiert.

Der metallene Aussichtsturm aus den 1960er Jahren hat dem Gut der Familie den Namen Paris eingetragen.

Systematik & weitere Namen

Familie: Apiaceae (Doldenblütengewächse)

Wissenschaftlich: Trachyspermum ammi, Carum copticum

Lemusisch: ajowan, carum
Deutsch: Königskümmel
Französisch: ajowan
Englisch: ajowan, ajwain, bishop's weed, carom
Hindi: ajwain

Quellen

Rezepte mit Ajowan

First Publication: 12-2006

Modifications: 4-2-2009, 7-1-2010, 5-10-2011