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In den 60er Jahren schaffte es Mani sogar auf den Titel von «Soleil».

Mani und «Le Ballet des Lambis»

Wenn Marthe Nissan irgendwo auftrat, dann war mit Überraschungen zu rechnen. Die Orte, an denen sie ihre Tanzperformances inszenierte, waren meist genauso verblüffend wie ihre Kostüme, die Musik und die Choreographie. Mani, wie sie sich kurz nannte, begann ihre Karriere mit einer Soloperformance, die sie im ausgespannten Netz eines Fischkutters tanzte. In den späteren 50er Jahren entwickelte sie unter dem humoristischen Titel «cuissecuisine» eine Reihe von kurzen, teils improvisierten Stücken, die sie in verschiednen Restaurantküchen der Insel aufführte – während die Köche bei der Arbeit waren.

Tanzen in der Hütte

In den frühen 60er Jahren lud sie ihr Publikum in die Hütte eines steinalten Plastikers und Magiers am westlichen Abhang des Déboulé ein. Dort tanzte sie zu den Gesängen des Greises, manchmal mehr als sechs Stunden lang. Mit dieser Performance schaffte es Mani sogar auf das Titelblatt von «Soleil» – einem damals sehr beliebten Magazin. Die in dem Heft zu den Tanzbildern erzählte Geschichte mit dem Titel «Mani et le roi du noir» hatte allerdings nicht sehr viel mit den künstlerischen Intentionen von Marthe Nissan zu tun.

Mit ihrer Performance in der Hütte eine Magiers schaffte es Mani in den 1960er Jahren sogar auf das Titelblatt von «Soleil» - einem damals sehr beliebten, mehrheitlich von Männern gelesenen Magazin.

In diesen frühen Performances trat Mani meist solo auf. Ende der 60er Jahre aber versammelte sie eine kleine Truppe von Tänzerinnen um sich. 1969 inszenierte sie mit ihrer «Compagnie Mani» ein spektakuläres Stück auf drei Flossen, die in der Frösche-Bucht (Anse de la Grenouille, in der Nähe von Granvan) festgemacht waren. Auf einem Floss sass ein kleines Blasorchester, auf den anderen das Publikum. Im Wasser dazwischen bewegten sich die Tänzerinnen zu Melodien von Dimitri Schostakovich. «Le Ballet des Lambis» hiess das Stück. Die Oberkörper und Köpfe der Frauen steckten in riesigen blauen Lambis-Muscheln, die mit der Spitze nach oben auf dem Wasser schwammen. Im Verlauf der Premiere allerdings begann es stark zu regnen – mit der Folge, dass sich die in der oberen Partie aus einer Art Karton gefertigten Muscheln mit Wasser vollsogen und immer schwerer wurden. Unter dem Druck ihres ‹Kostüms› verlor eine der Tänzerinnen das Bewusstsein und begann zu sinken. Dank der Aufmerksamkeit eines Hornisten konnte die Frau in letzter Sekunde gerettet werden. Die Premiere aber war damit beendet – und die weiteren Aufführungen wurden abgesagt.

Hommage an Mani

Obwohl die junge Tänzerin den Unfall unbeschadet überlebt hatte, hinterliess der Vorfall ganz offenbar tiefe Spuren in Marthe Nissan. Kaum ein Jahr nach dem «Ballet des Lambis» löste sie ihre Truppe auf und tanzte wieder ausschliesslich Solostücke. Im Verlauf der 70er Jahre dann zog sie sich mehr und mehr von der Bühne zurück. 1973 ging sie eine Ehe mit einem aus Cork stammenden Schmuckhändler ein, die ihr einen gewissen Wohlstand sicherte. Nach deren Scheidung im Jahre 1979 folgte sie einem amerikanischen Ingenieur nach San Francisco.

Mani hat die Insel verlassen. Ihre Performances aber sind einigen Bewohnern von Santa Lemusa noch gut in Erinnerung. Als eine Hommage an Mani hat José Maria eine Art Miniatur-Version des «Ballet des Lambis» inszeniert und auf Video aufgezeichnet. Zu Musik von Schostakovich wie beim Original – jedoch in weniger gefährlichen Wassern (mehr dazu hier).

Filmstill aus José Maria's «Le Ballet des Lambis».

First Publication: 11-2005

Modifications: 23-2-2009, 16-8-2011