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Aus dem 1.7 kg schweren Kopf eines Spanferkels haben wir eine Terrine von mehr als 1.3 kg hergestellt, an der wir eine ganze Woche lang unsere Freude hatten. (Zürich, Febrar 2016)

Fromage de tête

Terrine aus dem Kopf eines Spanferkels

In Frankreich bekommt man bei jedem Traiteur und auch in fast jedem Supermarkt eine Terrine, die Fromage de tête heisst und zur Hauptsache aus Fleisch vom Kopf des Schweines besteht. Fromage soll die Delikatesse heissen weil sie traditionell in der Form eines Käselaibs hergestellt wurde. In Frankreich alltäglich, bekommt man ähnliche Terrinen aber gelegentlich auch in anderen Ländern serviert. In der Mosel unter dem Namen Schwinnekääs, in Belgien als Tête pressée, in der französischen Schweiz als Tête marbrée und in der deutschen Schweiz – aus uns nicht bekannten Gründen – als Schwartenmagen. In Bayern und Österreich spricht man von Presskopf, in englischsprachigen Gegenden von Head cheese.

Traditionell dürfte Fromage de tête zu den Terrinen gehört haben, die man auch ohne spezielle Gerätschaften im Haushalt herstellen konnte – vielleicht wird sie deshalb im Jura auch Gelée de ménage genannt. Für heutige Begriffe mag die Kopf-Terrine wie ein grosses Projekt wirken. Tatsächlich aber ist sie eigentlich sehr leicht herzustellen – man muss ein bisschen planen und braucht ein wenig Zeit, beim ersten Mal vielleicht auch eine Portion Entschlossenheit, eine Hexerei aber ist es nicht.

Der Prozess hat für uns auch die Züge eines Rituals, das den rohen Schweinskopf ganz sachte in den Zustand einer überaus befriedigenden Speise überführt. Das hat eine gewisse Schönheit und Würde – die Auseinandersetzung mit einem Schweinskopf kann auch anders ausgehen, wie unsere erste Begegnung mit diesem kapitalen Teil des Tieres zeigt.

Viele Rezepte bereiten Fromage de tête unter Zugabe von Schweinsfüssen und oft auch Schwarte zu. Man kann die Terrine aber auch nur mit dem Kopf zubereiten, wie unser Rezept zeigt. Schon der Kopf eines Spanferkels, der 1.5. bis 2 kg wiegt, ist so ergiebig, dass sich daraus eine Terrine von mehr als 1.3 kg herstellen lässt. Ein Stück Charcuterie also, an dem man auch mit hungriger Hilfe seiner Entourage leicht eine Woche lang seine Freude hat. Wir servieren die Terrine gerne mit Senf oder einer kleinen Petersilien-Vinaigrette, reichen einen Salat dazu und etwas Baguette oder ein besonders gutes Knäckebrot aus Schweden. Die fertige Terrine reift indes nach und hat nach etwa vier bis fünf Tagen ein so würziges Aroma, dass man sie am liebsten ohne Senf und Vinaigrette verspeist.

Abkühlzeit der Lake 3 Stunden
Einlegzeit in der Lake mindestens 24 Stunden
Kochzeit 3 Stunden
Kühlzeit wenigstens 12 Stunden

Zutaten (für 1.3 kg Terrine)

1 kleiner Kopf vom Schwein, ca. 1.5 bis 2 kg

für die Lake

700 g Salz

240 g Zucker

Saft von 4 Zitronen

1 EL schwarzer Pfeffer, ganz

1 EL Wacholder

1 TL Gewürznelken

1 EL Muskatblüte

2 Lorbeer-Blätter

für den Sud

1 L Weisswein, trocken

1 dl Weisswein-Essig

2 grössere Zwiebeln, mit Schale, halbiert

3 Karotten, geputzt, in grösseren Stücken

1 Stange Lauch, geputzt, in grösseren Stücken

1 Bund Petersilie

2 TL schwarzer Pfeffer, ganz

1 EL Wacholder

1 TL Gewürznelken

2 getrocknete Chilis

2 Lorbeer-Blätter

für die Terrine

2 Bund Petersilie, nicht allzu fein gehackt

ev. 3 Blatt Speise-Gelatine

Zubereitung

  1. Sollte der Schweinekopf noch Borsten haben, diese mit einem Gasbrenner oder einer Kerze abfackeln. Kopf unter fliessendem Wasser gut waschen. Die Nasenlöcher mit dem Finger oder einem Wattenstäbchen säubern. Nach Möglichkeit den Mund öffnen und die Zähne säubern, Wasser durch die Kehle laufen lassen. Ohren mit den Fingern säubern.
  2. Für die Lake 4 L Wasser zum Kochen bringen, Salz und Zucker darin auflösen, erkalten lassen. Die übrigen Zutaten für die Lake (Zitronensaft, Pfeffer, Wacholder, Gewürznelken, Muskatblüte und Lorbeer-Blätter) beigeben, Kopf hineinlegen, zudecken. Wenigstens 24 Stunden an einem kühlen Ort ziehen lassen.
    Man könnte wohl auch auf das Einlegen des Kopfes in Lake verzichten. Wir glauben jedoch, dass die Terrine auf diese Weise aromatischer wird – ausserdem gefällt uns das Einlegen als Ritual der kulinarischen Annäherung an das tote Tier.
  3. Kopf aus der Lake heben, Lake entsorgen. Kopf in ein Becken legen und unter fliessendem Wasser ausgiebig reinigen.
  4. Für den Sud 2.5 bis 3 L Wasser mit allen Zutaten (Weisswein, Essig, Zwiebeln, Karotten, Lauch, Petersilie, Pfeffer, Wacholder, Gewürznelken und Chilis) vermischen. Kopf hinein heben, zum Kochen bringen, Hitze reduzieren und Deckel so aufsetzen, dass nur noch ein schmaler Spalt offenbleibt. 3 Stunden köcheln lassen. Sobald der Kopf aus der Flüssigkeit ragt, Wasser angiessen bis er wieder ganz bedeckt ist.
    Je nach Topf kann es nötig sein, von Beginn an mehr Wasser anzugiessen. Da man den Sud zu Schluss eindicken lässt, spielt die Wassermenge am Anfang des Kochprozesses keine grosse Rolle.
  5. Kopf sorgfältig aus der Brühe heben und ein wenig abkühlen lassen.
    Die exakte Kochzeit hängt vom Alter des Tieres ab. Das Fleisch sollte noch am Schädel sitzen, sich jedoch ganz leicht von den Knochen lösen lassen.
  6. Mit den Fingern das Fleisch vom Schädelknochen ziehen. Ohren ablösen und Schnauze vom Gesicht heben. Oberkiefer und Schädelkalotte vom Unterkiefer trennen und die Zunge herauslösen. Sämtliche Fleischnester aus allen Winkeln des Schädels aufspüren – einiges sitzt auch in der Nähe der Kieferknochen und hinter dem Auge. Das Hirn von hinten aus der Schale klauben. Alle Fleischstücke in mundgerechte Stücke schneiden und mit der gehackten Petersilie vermischen.
  7. Einige der Karottenstücke aus dem Sud fischen, in kleinere Stücke schneiden und zum Fleisch geben.
  8. Die blanken Schädelknochen wieder in den Sud heben und nochmals etwa 30 Minuten heftig kochen. Sud durch ein Sieb giessen und auffangen. Die festen Stücke in dem Sieb mit einem Löffel gut ausdrücken und dann entsorgen.
  9. Das Fleisch in eine passende Terrinen- oder Ofenform geben und regelmässig verteilen.
    Wir verweden eine ovale Auflaufform, die eta 30 cm lan und 20 cm breit ist.
  10. Den reinen Sud nochmals aufkochen und auf knapp 5 dl reduzieren. Vom Feuer nehmen und Gelierprobe machen (1 EL Sud in einem kleinen Gefäss in den Kühlschrank stellen und prüfen, ob es mit der Kälte geliert). Sud über das Fleisch giessen und die festen Stücke gut hineindrücken. Terrine auf Raumtemperatur abkühlen lassen und dann wenigstens 12 Stunden kühl stellen.

Gewöhnlich sollte die im Sud enthaltene Gelatine ausreichen, die Terrine zu festigen. Sie wird jedoch so nicht allzu kompakt, was aber durchaus geschmackliche Vorteile hat – und sie bleibt sehr wärmeempfindlich. Wer also auf Nummer sicher gehen will, wer vorhat, die Terrine über weitere Strecken zu transportieren oder aus anderen Gründen länger der Wärme auszusetzen (etwa auf einem Buffet), der kann (gemäss Angaben auf der Packung) etwa 3 Blatt Speise-Gelatine in den Sud geben.

Das Einlegen des Kopfes in Lake ist auch ein Ritual der kulinarischen Annäherung an das tote Tier. (Zürich, Februar 2016)
Das Aroma der Terrine hängt wesentlich auch davon ab, welche Gewürze und Gemüse man dem Sud beigibt.
Nach zwei Stunden ist der kleine Ferkel-Kopf schon beinahe gar – man muss während der Kochzeit immer wieder etwas Wasser angiessen, damit das Haupt auch ganz von Sud bedeckt ist.
Knapp drei Stunden war der Kopf im Sud und kühlt nun etwas aus, ehe wir das Fleisch von den Knochen lösen.
Wir trennen den Oberkiefer mit Schädelkalotte vom Unterkiefer – so kommt man leichter an die Fleischnester im Innern des Kopfes heran, auch an die Zunge.
Was wir finden, schneiden wir in mundgerechte Stücke und versammeln es in einer Schüssel – auch das kleine Hirn.
Bald ist nur noch der kahle Schädel übrig, den wir für das Foto noch einmal zusammensetzen.
Von dem 1.7 kg schweren Kopf des Schweins haben wir mehr als 1 kg Fleisch gewinnen können, das wir mit frischer Petersilie vermengen.
Die Knochen kommen wieder in den Sud, der noch einmal etwa 30 Minuten lang heftig kocht.
Wir entfernen die Knochen und einen Teil der grossen Karottenstücke, geben den Sud durch ein Sieb, pressen die festen Teile gut aus und entsorgen sie dann.
Das Fleisch geben wir in eine Terrinen- oder (wie hier) einfach eine gewöhnliche Ofen-Form.
Den reinen Sud kochen wir nochmals über starker Hitze ein, bis nur noch gut ½ Liter übrig ist.
Nach der Gelierprobe geben wir den Sud über das Fleisch, lassen die Terrine erkalten und stellen sie dann über Nacht in den Kühlschrank.
Bis zum nächsten Morgen hat sich die Gelatine verfestigt und die Masse ist schnittfest geworden.
In einer Terrine kommen Fleischstücke von ganz unterschiedlichem Charakter zusammen.
Zur Fromage de tête servieren wir gerne einen kleinen Salat, etwas Senf und Weissbrot.
Auch eine Vinaigrette und ein schwedisches Knäckebrot passen gut zur Terrine.
Spuren eines Rituals – HOIO's Arbeitsblatt zum Fromage de tête. (Februar 2016)

First Publication: 15-2-2016

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