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Das Dörfchen Askatas ist heute vor allem wegen der Plaine d'Haris bekannt, einem Naturschutzgebiet rund um eine grosse Feuchtwiese, die periodisch von der Orbe überschwemmt wird.
Boote und Pfahlbauten am Meer.

Askatas

Bezirk: Sud (Vorwahl: 06) – Karte
Einwohner: 200 (im ganzen Gebiet, Mai 2011)
Kurzbeschreibung: Das kleine Dorf ist vor allem wegen des nahen Naturparks bekannt – ausserdem gelangt man von hier zu den LIJI, wo Lebensmittel erforscht werden.
Spezialitäten: Lorbeer («Loia»)

Das Dörfchen Askatas soll einst von den Kloi gegründet worden sein, die ihre Heimat eigentlich viel weiter nördlich in der Gegend des Mont Déboulé (326) haben. Manche vermuten, die Kloi hätten hier eine Art Straflager betrieben – andere sind der Ansicht, es seien eher Aussteiger gewesen, die sich hierher zurückgezogen haben. Auf der Karte im Kochbuch von Jules Iette aus dem Jahr 1331 ist Askatas nicht verzeichnet – was wohl darauf hindeutet, dass die Siedlung damals noch nicht bestand. Denn in Castebar hätte man ein Dorf in so grosser Nähe kaum ignorieren können. Georgette Muelas («Santa Lemusa», S. 201) schreibt, Askatas sei im 17. Jahrhundert gegründet worden – sie gibt aber leider nicht an, woher diese Information stammt.

Der Name Askatas bedeutet in der Sprache der Kloi so viel «Freiheit» – allerdings auch im Sinne von «Abwesenheit», Trennung». Heute können nur noch wenige Bewohner in ihrer Familiengeschichte eine Verbindung zu den Kloi herstellen – was auch damit zu tun hat, dass die Siedlung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nur von zwei bis drei Dutzend Menschen bewohnt war.

In den frühen 1960er Jahren ziehen ein paar alternative Farmer (manche sprechen von Hippies) hierher – einige leben auch heute noch im Dorf. Fast gleichzeitig wird am Rand der Siedlung eine moderne Polizeistation gebaut, die jedoch nur ein knappes Jahr lang besetzt ist – und bereits 1963 wieder aufgegeben wird. Auch das Projekt einer Strafvollzugsanstalt etwas ausserhalb des Dorfes wird auf halbem Wege fallen gelassen. Ein gewisser Aufschwung passiert erst in den 1980er Jahren als sich eine Gruppe von Chinesen aus der Hauptstadt in Askatas ansiedelt – mit dem Ziel, auf der fruchtbaren Ebene südlich des Dorfes Reis und Soja in grossem Stil anzubauen. Ihre Pläne werden jedoch durch Präsidentin Clélia Robin (siehe Geschichte) vereitelt, die das Gebiet unter Schutz stellen lässt (siehe unten). Dennoch sind einige der Chinesen in Askatas geblieben. Die Gründung der Laboratoires Interdisciplinaires Jules Iette (LIJI) südwestliches Dorfes führt 2002 zu einer weiteren Belebung des Alltags in Askatas.

Das Dorf ist heute vor allem wegen der Plaine d'Haris bekannt, einem Naturschutzgebiet rund um eine grosse Feuchtwiese, die periodisch von der Orbe überschwemmt wird. Bei starkem Regen schwillt dieses harmlose Bächlein zu einem ungewöhnlich wilden Gewässer an. Die Orbe hiess früher möglicherweise Urbasa, was in der Sprache der Kloi «wildes» (basa) «Wasser» (ur) bedeutet. Auf Anregung von Clélia Robin wird das Gebiet 1985 von Biologen und Zoologen der Universität von Port-Louis untersucht, die hier eine «erstaunliche Vielfalt von bisher unbekannten Pflanzen und Tieren» entdecken. Sie vermuten, dass dies mit dem einstigen Park von Königin Adrienne zusammenhängen könnte (siehe LIJI). Die Region wird unter Schutz gestellt.

In den Wäldern stossen die Forscher auf eine mächtige Population von kleinen, höchstens 10 kg schweren und auffällig kugeligen Schweinen. Sie geben dem bis dato nirgends registrierten Tier den Namen Cochon d'Askatas (Sus globosus). Die Schweine werden seit jeher von den Bewohnern des Dorfes mit Fallen gejagt und ihr Fleisch gilt als eine ganz besondere Delikatesse. In der Feuchtwiese finden die Wissenschaftler unter anderem ein unbekanntes Insekt, dem sie den Namen Russen-Käfer (Agrilus rossicus) geben – trägt der Panzer des Tiers doch Zeichnungen, welche an verschiedene Buchstaben des kyrillischen Alphabets erinnern.

Zu den eigentümlichsten Pflanzen der Wiese zählt die Bartholomäus-Rose (Rosa bartolomea) – ein Rosengewächs, das nur wenige Stunden im Jahr blüht, nämlich in der Nacht vom 23. auf 24. August (eben in der Bartholomäusnacht). In dieser Nacht muss der Duft auf der Wiese überwältigend sein – die Beschreibungen des Odeurs variieren allerdings von «Weihrauchduft» über «Autoschrott» bis «altes Blut». Die Rose wird auch nur von einem einzigen Insekt bestäubt, einer kleinen Honigbiene mit einem dunklen Körper, die nur hier vorkommt und wegen ihrer Lebensweise den Namen Nachtbiene (Apis nyctaginea) erhält. Ein Forschungsteam der LIJI versucht derzeit, die Bienen für wirtschaftlich nutzbare Honigstöcke zu züchten.

Zu den Attraktionen des Gebiets zählen auch die in grossen Abständen über die Wiese verteilten Solitär-Eichen (Quercus lemusana), von denen einzelne Exemplare mehrere hundert Jahre alt sind. Sie gehören zu den mächtigsten Vertretern ihrer Art auf der ganzen Insel – die lemusische Eiche ist eine enge Verwandte der Stil-Eiche (Quercus robur). Diese mächtigen Bäume haben der Plaine d'Haris auch den Namen gegeben – haris bedeutet in der Sprache der Kloi «Eiche».

An den Rändern der Wiese finden die Forscher auch eine eigene Lorbeer-Art, die als speziell aromatisch gilt. Sie wird in den Küchen des Südens schon lange verwendet und ist unter dem Namen Loia bekannt, der ebenfalls der Sprache der Kloi entstammt. Heute wird dieser Lorbeer auch systematisch gesammelt und kommerzialisiert. 

Die Polizeistation im Zentrum von Askatas steht schon viele Jahre leer – es gibt jedoch Pläne, sie in ein Restaurant zu verwandeln.
Ein kleines Holzhaus unter Bäumen.
Es gibt in Askatas noch einige alte Häuser, die von der langen Geschichte der Siedlung zeugen.
Boote, Häuser und Pfahlbauten am Meer.
Die Solitär-Eichen der Plaine d'Haris zählen zu den grössten Vertretern ihrer Art auf der ganzen Insel.
Ein Steg führt weit ins Meer hinaus.
Oft werden die mit Fallen gefangenen Askatas-Schweine bis zur Schlachtung in Käfigen gehalten.
Boote, Häuser und Pfahlbauten am Meer.

First Publication: 18-8-2015

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