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Alsace Riesling Jean Louis Mauler Burgreben 2012

Von aussen unbewegt riecht der Wein nach Honig, Melone, süsser Grapefruit, Lebkuchen und feuchten Socken. Mit der Bewegung kommen mineralische, sogar leicht schweflige Noten ins Spiel – kaum hat sich der Wein ein wenig beruhigt, sind die jedoch wieder verschwunden. Im Mund ist der Riesling weder ausgeprägt süss noch sauer, eher ein wenig bitter. Erst im Nachklang stellt sich der Eindruck einer gewissen Süsse ein. Von innen schmeckt er auf eine etwas teigige Art nach bitterer Grapefruit (wie es sie heute kaum mehr gibt), auf die man etwas Zucker gestreut hat. Auch der Lebkuchen ist da, doch etwas zu stark gebacken vielleicht – oder zu wenig süss.

Wenn ich, wie vor wenigen Stunden, von einer längeren Reise zurückkehre, dann versuche ich oft herauszufinden, was sich in mir verschoben hat. Meist fällt es mir leicht, neue Ideen zu benennen, die unterwegs aufgekommen sind. Oft spüre ich aber auch, dass sich gewisse Dinge eben gerade nicht verändert haben. Dabei bin ich wohl auch mit der Hoffnung aufgebrochen, genau da neue Verhältnisse zu schaffen, mich in neue Parameter hinein zu bewegen. Es sind wohl jene Dinge, die mich am meisten bestimmen, welche sich nicht haben wegreisen lassen. Doch wovon spreche ich eigentlich? Vielleicht von Gefühlen, die in meinem Leben keinen Platz haben sollen – und sich doch ihren Raum verschaffen? Wenn sie sich nach den vielen tausend Kilometern meiner Reise doch wenigstens etwas anders ausdrücken würden als zuvor. Sie tun es nicht. Ihr Platz, das sehe ich allmählich ein, ist mit meinem verknüpft. Wir stecken unter einer Decke. Und wenn ich mich wende, dann legen auch sie sich auf die andere Seite.

Passt das zu diesem Wein, der etwas von einem Bonbon hat, dem die Süsse abhanden gekommen ist. Im Nachklang schwebt da neben einer bitteren Melone auch etwas Asche durch die Luft – beim dritten Glas schnüffeln wir uns an einer Autogarage vorbei, in der öl- und benzingetränkte Baumwolllappen auf dem Boden herum liegen. wir sind zurück in Kasachstan.

Getrunken am Sonntag, 12. Juli 2015 auf dem Dach meines Wohnhauses über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei Jean-Louis Mauler in Beblenheim (€ 9.00 im April 2015).

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