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Auf dem Markt von Siem Reap wird Fischsauce in Flaschen und Plastikbeuteln verkauft. (April 2015)

Prahok und Fischsauce in Siem Reap

Es gibt kaum ein Gericht der Küche Südostasiens, in dem sich keine Fischsauce findet. Es wäre also eigentlich auch für Touristen interessant zu sehen, wie und wo sie produziert wird. Dass Fischsauce-Fabriken trotzdem nicht zu den beliebten Ausflugszielen gehören, hat zweifellos mit dem etwas strengen Duft zu tun, den sie verströmen.

Wir haben in Südostasien verschiedentlich Versuche unternommen, uns den Besuch in einer Fischsaucen-Fabrik zu organisieren – es scheiterte immer am Unverständnis unserer Gesprächspartner. Denn wenn es etwas gibt, das alle Bewohner Südostasiens eint, dann dies: Alle wissen ganz genau, welche Teile ihrer Kultur für einen bleichen Europäer passen – und welche ihm ganz und gar nicht gut tun. Dass wir eines Tages doch noch bekommen, was wir zu sehen und zu riechen wünschen, haben wir der Unerschrockenheit von Sally Baughen, Generalmanagerin des «Amansara» in Siem Reap zu verdanken – und der Freundlichkeit von Viasna aus dem Empfangsteam desselben Hotels, die uns mit ihrem Motorrad zu Freunden führt und uns als Dolmetscherin hilft.

Wir verlassen das Zentrum von Siem Reap über die National Road 63 in Richtung Tonle Sap und halten etwas südlich der Kreuzung mit der Ringstrasse Krovat Krom am rechten Strassenrand vor einem ansehnlichen Haus auf Stelzen. Zwischen den hölzernen Pfeilern dösen ein paar Kinder in Hängematten vor sich hin. Rund um sie her stehen lauter hölzerne Bottiche und Plastikkessel, an den Pfeilern hängen Tücher, Tüten und Körbe. Es riecht nach fermentiertem Fisch und nach Rauch – heftig, aber keineswegs widerlich, einfach sehr stark. Nach wenigen Sekunden hat sich unsere Nase an den Geruch gewöhnt.

Ein Teenager, der ein Fussballhemd der Brasilianischen Nationalmannschaft trägt, hebt für uns die Steine aus einem Fass, zupft eine Plastikplane zurück und gibt uns das Prahok zu sehen – eine trockene Paste aus zerstossenem Fisch, die in der kambodschanischen Küche eine wichtige Rolle spielt.

Für die Herstellung von Prahok werden in der Regel Fische verwendet, die für den direkten Verzehr zu klein oder aus anderen Gründen ungeeignet sind. Es soll aber auch Prahok geben, das aus besonders grossen oder kostbaren Fischen gewonnen wird. Der Fisch wird mit Salz vermischt, in ein (traditionell hölzernes) Fass geschichtet, mit einer Plastikplane und einer Art Gitter aus Holz belegt, dann mit Steinen beschwert. In den ersten Tagen bildet sich einiger Saft, der von der festen Masse getrennt wird. Die trockene Masse, die zurückbleibt, ist die fermentierte Fischpaste Prahok. Sie hält sich mehrere Jahre lang.

Der Saft, der aus dem vergärenden Fisch austritt, wird bis zur weiteren Verwendung in kleinen Zisternen gelagert. Geführt von dem Jungen mit dem Fussballhemd dringen wir tiefer in diesen seltsamen, kaum mannshohen Raum unter dem Haus ein, der uns mehr und mehr wie eine Höhle vorkommt. Am dunkelten Punkt stossen wir auf einen Tank aus Beton – der Junge erklärt uns, dass darin die Flüssigkeit reife, die das Prahok zu Beginn der Fermentation abgegeben habe.

Einige Schritte weiter gelangen wir zu einem einfachen Holzofen, auf dem ein grosser Kessel steht. Darin siedet eine trübe Flüssigkeit sanft vor sich hin – die Fischsauce. Für die Herstellung von Fischsauce wird der Fermentationssaft mit Wasser und Salz vermischt und 1.5 Stunden geköchelt. Neben dem Ofen tropft die Brühe durch einfache Filtertücher ab. Der gekochte Saft wird zwei Mal gefiltert bis er ganz frei von Festsoffen ist. Zuletzt zeigt der Junge uns Körbe mit Plastikflaschen – die fertige Fischsauce, bereit für den Markt in Siem Reap.

Alles geschieht hier mit einer fast etwas schläfrigen Selbstverständlichkeit – und offenbar ist es Aufgabe der Kinder, die Fischsauce herzustellen. Dass sich die meisten Prahok-Produzenten im Süden von Siem Reap finden, ist kein Zufall, führt die Strasse doch zu dem See Tonle Sap, der als eines der fischreichsten Gewässer der Welt gilt.

Bei einem Fischsaucen-Hersteller im Süden von Siem Reap – ein Teenager mit Fussball-Shirt erklärt sich bereit, das Prahok auszupacken. (April 2015)
Das Prahok reift in einem grossen Bottich unter einer Plastikplane und einem hölzernen Gitter, das mit Steinen beschwert ist.
Ist der Saft einmal abgelaufen, der sich zu Beginn der Fermentation bildet, ist das Prahok eine trockene Masse aus Fischstücken und Salz, die sich jahrelang hält.
Am dunkelsten Ort unter dem Haus liegt eine Zisterne aus Beton – hier wird der Saft aufbewahrt, der zu Beginn der Fermentation aus den Fischen läuft.
Für die Herstellung von Fischsauce wird der Fermentationssaft mit Salz und Wasser vermischt, dann in einer grossen flachen Pfanne 1.5 Stunden lang gekocht.
Das Wasser für die Fischsauce wird mit dieser Pumpe aus dem Boden geholt.
Der gekochte Saft läuft langsam durch Tücher in saubere Gefässe ab – so werden alle Feststoffe aus der Flüssigkeit gefiltert.
Schon steht alles für den nächsten Durchgang bereit.
Nach einem zweiten Filterdurchgang wird die Fischsauce in alte Getränke-Flaschen abgefüllt.

First Publication: 23-5-2015

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