«Man hätte diesem hochverdienten Tier längst ein Nationaldenkmal errichten müssen», schreiben Habs und Rosner («Appetit-Lexikon», S. 433): «wenn nicht der Undank zu den Lieblingslastern der Menschheit gehörte.» Für die Küche liefert das Rindvieh, wie es gerne genannt wird, einige der wichtigsten Stücke: Braten aller Art, Steaks und Filets, Voressen und Siedfleisch – nicht zu reden von den ganzen Innereien wie der Leber, dem Herz, den Kutteln… «Doch der Ochse ist nicht bloss ein einfacher Fleischlieferant wie die übrigen Tiere», so beschliessen Habs und Rosner (S. 434f.) ihr Kapitel zu dem Tier: «Weit grösser und fundamentaler ist seine Bedeutung als Urquell der Fleischbrühe und des Fleischextrakts, jener beiden Präparate, ohne welche die ganze moderne Küche ein vollkommenes Unding wäre. Die moderne Küche aber ist nicht der geringste Teil der modernen Zivilisation, und der kommende Künstler, der die Schuld der Menschheit gegen diesen Wohltäter abzutragen bereit ist, wird daher zur Anschauung bringen, wie er den Erdball zwischen den gewaltigen Hörnern trägt. Ehre, dem Ehre gebührt!»
Heute weiss man beim Einkauf oder Verzehr von Fleisch im Grunde nie genau, wie alt das Tier bei seiner Schlachtung war. Zwar ist es Mode geworden, die Fleischlieferanten beim Namen zu nennen – doch wie alt war Hansi und wann musste Rosi ihr Leben lassen? Habs und Rosner beschreiben in ihrem «Appetit-Lexikon» (S. 432), welche Tiere sich in welchem Alter für was für Zubereitungen eignen: «Das beste Fleisch mit zarter und doch nicht weichlicher Faser liefert der ausgewachsene, gut gemästete Ochse vom 4. bis zum 8. Jahre; mit dem 12. Jahre tritt eine entschiedene Entwertung ein. Kuhfleisch, durchweg fettärmer als Ochsenfleisch, ist von Tieren vom 3. bis zum 5. Jahr am zartesten. Jüngeres Fleisch gibt saftige Braten, aber schwache Fleischbrühe, älteres vortreffliche Fleischbrühe, wird aber beim Braten holzig.»
First Publication: 14-12-2014
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