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Cornas Courbis Les Agathes 2010

Von aussen unbewegt riecht der Wein nach etwas säuerlicher Erdbeere. Im Hintergrund aber liegt verfaultes Gemüse herum – ein Odem, wie ihn Marktplätze verströmen, wenn die Händler abgezogen sind. Das ist nicht unangenehm in dieser Dosierung, es macht den Wein interessant, es gibt ihm eine Geschichte. Die Bewegung bringt im ersten Moment eine staubige Note in den Vordergrund – aber wenn man das Glas danach etwas stehen lässt, bildet sich über dem Cornas eine würzige Note, wie sie manchmal auf Trockenfleisch etwa aus dem Wallis zu finden ist. Zieht man den Duft nur ganz sanft in die Nase, haucht ein blumiges Damenparfum vorbei – Veilchen liegen in der Sonne auf einer frisch geteerten Strasse.

Im Mund ist der Wein gut strukturiert, sanft säuerlich, etwas bitter, mit sehr viel Tannin, richtig pelzig. Von innen rieche ich unreife Erdbeeren, vielleicht etwas saure Brombeere dazu. Der Wein ist etwas harsch, wirkt verschlossen. Je grösser der Schluck ist, den man in den Mund nimmt, desto mehr gibt der Wein aromatisch her – es ist, als ob er sich in kleinen Dosen nicht manifestieren kann.

Aber vielleicht habe ich mir heute auch die Nase verdorben. Ich sass den halben Tag lang in meinem Büro, mit offenem Fenster. Draussen auf dem Bellevue-Platz gastiert in diesen Tagen der «Knie», und mehr oder weniger direkt unter meinem Fenster hat der Zirkus seinen Zoo aufgebaut: Kamele, Pferde, Hunde, Ziegen – was halt alles so Kunststücke machen kann in der Manege (Tiger werden wohl keine mehr dabei sein). Der Zoo riecht nicht sehr stark – heute aber blies der Wind so, dass mir immer wieder Schwaden ins Büro getrieben wurden, eine Mischung aus Dung und Stroh, nicht unangenehm. Irgendwann glaubte ich, den Elefanten herauszuriechen – ein etwas stärker trockener Duft, Noten von Muskat. Dann fragte ich mich, ob der Elefant wohl auch mich aus den ganzen Düften herausriechen konnte, die ihn umgaben. Die Idee gefiel mir, dass er mich riechen konnte und sich vielleicht vorzustellen versuchte, wie ich aussah. Ich fühlte mich dem Elefanten mit jeder Stunde etwas näher, ja es waren fast schon freundschaftliche Gefühle, die mich mit dem Wesen da draussen verbanden. Irgendwann verliess ich das Büro und ging zum Zoo, um mich dem grossen Freund zu zeigen. Ich erhoffte mir so etwas wie ein freudiges Wiedersehen – doch das Tier war nicht interessiert.

Getrunken am Dienstag, 27. Mai 2014 in der Küche meiner Wohnung über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei «E. Leclerc» in Saint-Louis (€ 28.21 im Januar 2014)

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