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Batur (Indonesia) Pura Ulun Danu
Südlicher Nebenhof
Donnerstag, 12. Dezember 2013

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Als ich von Norden her in das Dorf Batur einfuhr, das auf dem Rand des grossen Kraters liegt, aus dessen Tiefen der Berg Gunung Batur als mächtiger Kegel in den Himmel stösst, rannten Polizisten umher, Parkwächter bliesen nervös auf ihren Trillerpfeifen, Souvenirhändler riefen Kunden nach, Bakso-Verkäufer priesen ihre Bouletten oder das besondere Aroma ihrer Suppe an – und überall waren Menschen in festlichen Gewändern, die grosse Blumengebinde herumtrugen, auf Tabletts Räucherwerk balancierten, die Plattformen kleiner Lastwagen erklommen oder sich aus dem Fond dunkel verglaster Autos mühten. Wie durch einen glücklichen Zufall fand ich mitten in dem festlichen Chaos einen Parkplatz – besorgte mir einen Sarong, den hier jeder Tempelbesucher anhaben muss, und betrat die Anlage.

Innerhalb der Mauern herrschte eine Ruhe, wie sie eine Landschaft prägt, über die ein Sturm hinweggefegt ist – mir war, als tropfte noch das Wasser von den Steinen und Bäumen. Die Altäre waren überhäuft mit Opfergaben – vor allem Blumen und aufwendig gefertigte Ornamente aus Palmrispen, kleine Flechtkörbe, Früchte und Eier. Auch der Boden war übersät mit kunstvollen Sternen aus Bast, Fächern aus Bananenblättern, Blüten und Räucherstäbchen. Alles schien mit Sorgfalt hingelegt, mit Bedacht übereinander geschichtet – doch nun machten sich die Tauben und Raben über die Opfergaben her, zupften alles auseinander und verteilten es über das ganze Gelände. Das Echo ihrer Schreie hallte zwischen den Wänden der verschiedenen Tempel hin und her. Ein paar Priester sassen in kleinen Unterständen, lasen Zeitung und zogen gelangweilt an ihren Zigaretten. Ab und zu kroch etwas Nebel aus dem Kratergrund über die Anlage und liess die Pagodentürme mit ihren schwarzen Rietdächern für Momente im Grau des Himmels verschwinden. Dann traten Kinder auf und begannen, die am Boden verstreuten Opfergaben zusammenzukehren. Das Fest war vorbei – die Götter hatten den Ort verlassen.

Glauben bedeutet auch, zur richtigen Zeit am rechten Ort zu sein – die Dinge deshalb so zu Gesicht zu bekommen, wie sie vorgesehen sind. Und so zu erscheinen, wie man sein möchte: frisch gewaschen, in feinsten Gewändern, ausgeruht, schön.

Als ich die Tempelanlage nach einiger Zeit wieder verliess, stand mein Auto ganz allein auf der Strasse – umweht von Blütenblättern, Kokosfasern und anderem Opfergaben-Müll, den der Wind durch die Luft trug.

Siehe auch

  • Ein Rezept zur Episoda: Bakso Ayam (Hühnerklösschen in würziger Suppe)
  • Episoda – eine Sendung für Santa Lemusa (Einführung)
  • Biographie von Peter Polter

First Publication: 26-12-2013

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