Kaninchenfilet, knusprig gebraten, mit Chili und Sichuanpfeffer – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 141122 Vienna Rotenturmstrasse
Dieses Rezept könnte man mit einigem Recht auch «The Abyss» taufen – nach einem Science-Fiction-Film von James Cameron. Der Abgrund wäre hier die bodenlose Schärfe der enormen Menge an Chili und Sichuanpfeffer, aus der das Gericht zur Hauptsache besteht. Bei der ersten Begegnung mit diesem Kaninchen haben wir denn auch tapfer begonnen, uns mit dem Chilis und dem Sichuanpfeffer tüchtig einzuheizen – bis uns der Kellern amüsiert erklärte, dass der Verzehr der Gewürze hier keineswegs vorgesehen sei. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Rezept im Grunde um eine klassische Zubereitungsweise der Sichuan-Küche, die mit verschiedenen Fleischarten oder auch Pilzen realisiert werden kann. Der Trick dabei ist, dass die scharfen Gewürze zwar ihr Aroma an das Fleisch abgeben – selbst aber nicht verzehrt werden. Die Fleischstücke schmecken ausserordentlich würzig, sie sind ziemlich scharf und betäuben den Mund. Uns scheint das Aroma so beschaffen, dass man gewissermassen den Schärfe-Abgrund schmeckt, aus dem man die essbaren Teile mit seinen Stäbchen geklaubt hat – und dieses Knabbern an der Kante des Bodenlosen ist ein wesentlicher Reiz des Gerichts.
Das Kaninchen gehört zu den Speisen, mit denen das Restaurant «no. 27» an der gleichnamigen Nummer der Ungargasse in Wien seine Gäste verwöhnt. Das Lokal verströmt den Charme einer etwas vernachlässigten Kantine – das Essen aber ist wunderbar, denn es hat fast durchgehend etwas Direktes, Klares und Entschiedenes, wie man es sonst in China-Restaurants nur selten findet. Alles in diesen Tellern spielt eine Rolle und oft sind die einzelnen Zutaten klar erkennbar – «Speisen wie Kung Fu-Schläge», hat es ein Freund genannt. Auch Liebhaber von Innereien & Co. kommen auf ihre Kosten, denn im «no. 27» stehen auch Gerichte mit Kutteln, Nieren, Schweinsohr, Blutkuchen, Sehnen oder Hühnerkrallen auf der Karte.
«Knuspriges Kaninchen mit Chili und Sichuanpfeffer», heisst die Speise auf Deutsch. Der chinesische Name auf der Karte lautet 香辣兔 (xiāng là tù) – «Duftendes, würziges Kaninchen». Beim ersten Kontakt mit der Speise irritiert ein wenig, dass die Kaninchenwürfel eher trocken sind als feucht – denn namentlich in der westlichen Küche hat ein Stück Fleisch einfach saftig zu sein, sonst ist am Herd etwas schief gelaufen. Die Trockenheit des Fleisches mit seiner fein karamellisierten Oberfläche passt aber seltsamerweise sehr gut zu den Gewürzen. Und da einem beim ersten Bissen in das Kaninchen sowieso das Wasser im Munde zusammenschiesst…
Fuchsia Dunlop («Sichuan Cookery», S. 86) gibt ein Rezept für «Chicken with chillies» wieder, das nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert – aber deutlich weniger Sichuan-Pfeffer verwendet. Sie merkt dazu an: «The dish is a Chongqing speciality. Sichuanese cooks tend to use chicken on the bone, which is more intensely flavoured than breast meat, but it can be frustrating to find so little actual flesh on a dish piled high with meat and chillies.»
An der Ungargasse werden die Kaninchenwürfel erst frittiert. Wir braten sie einfach in etwas Öl an. Zu dem Gericht servieren wir viel gedünsteten Perfume-Reis.
Kochzeit gut 15 Minuten
1 EL Rapsöl
500 g Kaninchenfilet, in etwa 2 cm langen Stücken
50 g getrocknete Chilis von etwa 3 bis 4 cm Länge
50 g Sichuanpfeffer
2 gehäufte EL Chili-Bohnen-Paste (80 g)
1 walnussgrosses Stück Ingwer (40 g), geschält, in feinen Stäbchen (25 g)
1 dl Reiswein
2 EL dunkle Sojasauce
12 kleine asiatische Frühlingszwiebeln. in 1 cm langen Stücken (40 g)
1 EL Sesamöl
First Publication: 17-12-2014
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