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«Sitting Küchenbull»

Keine Frage: Vincent Klink weiss, was sich an Tisch und Herd gehört – und das hat er nicht nur während seiner Lehr- und Wanderjahre als Koch im «Waidhof» über Lörrach, im «Adler» in Rastatt oder im «Restaurant Humplmayr» in München gelernt, sondern auch als fleissiger Gast der grossen Meister seines Fachs: Alain Chapel in Mionnay, Michel Guérard in Eugénie les Bains, Gualtiero Marchesi in Mailand etc. Kein Wunder also, erhielt sein erstes eigenes Restaurant, das «Postillon» in Schwäbisch Gmünd, bald nach Eröffnung bereits einen Michelin-Stern. Wie und was er gelernt hat, beschreibt Klink in seinen «Gepfefferten Erinnerungen» anekdotenreich und voller Details. Dabei erfahren wir einiges über die Vorstellungen, welche die Gastronomie der sechziger und siebziger Jahre bestimmten – und jede Menge schmutziger Details aus den Zonen jenseits der Durchreichen und Wärmelampen. Die Sprache ist griffig, manchmal fast ein wenig grob – dem gesprochenen Wort auf jeden Fall näher als dem Ton einer theoretischen Abhandlung. Das macht das Buch lebendig, streckenweise aber auch etwas allzu derb. Nicht alles liest sich so lustig, wie es geschrieben wurde – manches aber schon: einen etwas weinseligen Besuch beim Grossmeister Paul Baucuse hat Klink so plastisch drastisch protokolliert, dass es einem die Schmunzeltränchen in die Augenwinkel treibt.

Im ersten Teil neigt Klink zur Zote. Vor allem die Beschreibungen seiner Zeit als Koch bei der Bundeswehr fallen weder durch besonders originelle Beobachtungen noch durch ausgesucht feinsinnige Überlegungen auf. Der zweite Teil ist interessanter, weniger klischeehaft. Hier legt Klink auch seine gastronomischen Prinzipien dar – und schildert, wie und unter welchen Einflüssen er sie entwickelt hat. Das ist oft sympathisch, etwas wenn er (S. 205) beschreibt, warum er sein Geld lieber in den Gasthäusern grosser Kollegen ausgibt als sich teure Uhren und Autos zu kaufen. Manchmal neigt Klink aber auch zum Apodiktischen – zum Beispiel wenn er (S. 204) erklärt, warum man beim Risotto-Kochen fast so viel Butter nehmen muss wie Reis: «Da mag mancher aufschreien, aber alles andere ist eigentlich kein Risotto, sondern ein für Deutsche zusammengepampter, familienfreundlicher Baatz.» Überhaupt spielen «die Deutschen» mit ihren gelegentlich eher abenteuerlichen Geschmacksvorstellungen immer wieder eine wichtige Rolle in dem Buch – und ab und an wird man den Eindruck nicht ganz los, dass es Klink vor allem auch darum gehen könnte, diese Barbaren kulinarisch zu erziehen.

Vincent Klink: «Sitting Küchenbull. Gepfefferte Erinnerungen eines Kochs». Hamburg: Rowohlt Verlag, 2009.

First Publication: 8-5-2013

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