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Blick von der Dom Leko aus auf den abendlichen Himmel über dem Massiv des Mont Majorin.

Dom Leko

Die Höhle Dom Leko liegt am südlichen Abhang des Mont Majorin auf einer Höhe von gut 1700 m ü. M. (Karte). Sie überdeckt eine Fläche von etwa 200 m2 und wird von einem mächtigen Steinpfeiler unterteilt. Der Eingang ist nach Südosten orientiert.

Die Dom Leko wurde 1873 von Konrad Remarque, einem Lehrer aus Port-Louis, auf einer Schulexkursion entdeckt. Als begeisterter Laien-Archäologe nahm er 1873/74 auch die ersten Ausgrabungen vor. Seine Ergebnisse publizierte er 1876 in einer 40seitigen Broschüre, die 1976 in der Form eines Reprints als Sonderheft vom Musée historique herausgegeben wurde (Conrad Remarque: «La grande caverne du Mont Majorin». Reprint einer selbst verlegten Broschüre von 1876. Mit einem Vorwort von Heinz G. Kisch: «Cent ans de recherches dans la grande cave du Mont Majorin». Sonderheft der «Cahiers du Musée historique de Santa Lemusa», 1976).

Erst 1976-1979 allerdings wurde die grosse Höhle mit modernen Methoden systematisch untersucht (Heinz G. Kisch & Heinz Kahlacher: «Dom Leko». In: «Revue historique», no. 47, 1980, S. 137-162). Die Ausgrabungen brachte vor allem Informationen über die religiösen Gebräuche der Liliac an den Tag – wobei sich vieles bestätigte, was Remarque schon hundert Jahre zuvor vermutet hatte. 1999 wurden die Dom Leko (und andere Höhlen am Mont Majorin) erneut systematisch durchleuchtet. Zur Abklärung der Stratigrafie wurden nun auch verschiedene Bohrungen durchgeführt und die Sedimente labortechnisch untersucht. (Heinz Kahlacher: «Le vol des Liliac». In: «Revue historique», no. 67, 2000, S. 160).

An verschiedenen Stellen in der Höhle finden sich primitive Felsritzungen: Sie zeigen 4 rundliche, fingerartige Gebilde, die aus einem zentralen Strunk in die Höhe wachsen. Das Zeichen wird aufgrund eines Missverständnisses «Radix» genannt, symbolisiert aber höchstwahrscheinlich eine Pflanze, ev. eine Mohnblume (mehr dazu).

Im Rahmen ihrer Kulte hielten die Liliac rituelle Gelage ab, in deren Rahmen sie hauptsächlich Fledermäuse verzehrten. In der Dom Leko, grössten ihrer Kulthöhlen, die offenbar fast 600 Jahre lang in Gebrauch war, fanden Archäologen an gewissen Stellen ein mehr als drei Meter hohes Sediment aus Fledermaus-Knochen – grösstenteils Knochen von Desmodus lemusanus, doch auch Reste anderer Arten. Dieser massige Verzehr von Fledermäusen wird sehr unterschiedlich interpretiert – Michel Babye bringt die verschiedenen Thesen auf zwei Grundmuster zurück (In: Elsa Mudame und Gregor Muelas: «.sl», S. 171-178). Die einen nehmen an, die Liliac hätten Fledermäuse verspeist weil es in den Höhlen einfach sehr viele dieser Fledermäuse gab – also aus rein praktischen Gründen. Andere indes glauben, die Majorin hätten gehofft, der rituelle Konsum von Fledermäusen würde ihnen helfen, nächtliche Flüge, vielleicht auch Traumreisen zu unternehmen – wahrscheinlich mit dem Ziel, einer Gottheit dadurch näher zu kommen.

Die jüngsten Untersuchungen (von 1999) des Sediments in der Dom Leko und anderen Kulthöhlen haben an den Tag gebracht, dass die Liliac wahrscheinlich noch andere Mittel kannten, sich gewissermassen in die Lüfte zu heben. Im Labor liessen sich Spuren von chemischen Verbindungen nachweisen, die darauf hindeuten, dass die Liliac in diesen Höhlen auch «opiumartige Substanzen entweder rauchten oder aber verbrannten und den Rauch einatmeten» (Heinz Kahlacher: «Le vol des Liliac», S. 161). Dass die Liliac Schlafmohn kultivierten oder wenigstens sammelten, wusste man bereits von den Untersuchungen einer geschützten Feuerstätte, der sogenannten «cuisine», wo man verkohlte Reste von Mohnsamen gefunden hatte (Heinz Kahlacher & Nicole Plume: «Le menu des Liliac. In: «Revue historique», no. 53, 1986, S. 183-198).

Das Siedlungsgebiet der Liliac liegt auf einer Höhe zwischen gut 1300 («cuisine») und gut 1700 m ü.M. (Dom Lemko) – eine Höhe also, auf der «Schlafmohn durchaus ein narkotisches Potenzial entfalten kann», wie Kahlacher meint («Le vol des Liliac», S. 161). Wobei der Archäologe auch nicht ausschliesst, dass die Liliac ihren Mohn sogar noch weiter oben am Berg angebaut haben könnten. Auch heute noch wird am Mont Majorin Mohn angebaut – dienen allerdings nur noch zu rein kulinarischen Zwecken. Die Samen werden in der Gegend auch «Grains de Liliac» genannt (mehr dazu).

Nebst Tierknochen fand man in der Dom Leko eine zentrale, wie ein Altar leicht erhöht gelegene Hauptfeuerstelle und diverse kleinere Nebenfeuerstellen. Gefunden wurden ausserdem mehrere tausend Gesteins-, Geweih- und Knochenartefakte, namentlich zahllose Pfeil- und Speerspitzen, Messer, Harpunen, Meissel, Nadeln etc. Erstaunlicherweise fand man keinerlei Verzierungen auf den Geräten und keinerlei figürliche Darstellungen. Dieser Umstand hat Michel Babye zu der etwas flapsigen Bemerkung veranlasst, die Liliac seien wohl «entweder eine sehr primitives oder aber eine stark vergeistigtes Volk gewesen» («.sl», S. 178). Alle Funde aus der Dom Leko werden heute im Musée historique in Port-Louis aufbewahrt.

Ihren Namen (Dom Leko = «Kathedrale des Echos») verdankt die Höhle einem seltsamen Echo-Phänomen: Geräusche aus dem Wald über dem Eingang der Höhle werden auf eine bis heute nicht ganz geklärte Weise in das Innere der Grotte transportiert und auf echoartige Weise verzerrt. Kahlacher («Le vol des Liliac», S. 154) hält es für wahrscheinlich, dass auch dieses Phänomen im Kult der Liliac eine Rolle gespielt haben könnte.

Im hinteren Bereich der Dom Leko wird man Zeuge eines seltsamen Echo-Phänomens: Geräusche aus dem Wald über dem Eingang der Höhle werden auf eine bis heute nicht ganz geklärte Weise in das Innere der Grotte transportiert und auf echoartige Weise verzerrt. Unsere Aufnahme wurde mit einem Mikrophon aufgezeichnet, das die Töne etwa um 20 db verstärkt – in Wirklichkeit ist das Echo viel diskreter.

Grundriss der Höhle aus der 1876 verlegten Broschüre von Conrad Remarque.
Blick vom Eingang her: die Dom Leko überdeckt eine Fläche von etwa 200 Quadratmetern und wird von einem mächtigen Steinpfeiler unterteilt.
Blick von der Ostwand her in die Höhle, deren Decke bis 6 m über dem Eingangsniveau liegt.
Dieser Felsvorsprung wurde als zentrale Feuerstelle genutzt – er liegt, wie ein Altar leicht erhöht, an zentraler Stelle in der Höhle.
In dieser Kultgrube, die etwas versteckt im hinteren Bereich der Höhle liegt, fand man zahllose Pfeilspitzen – sie könnten hier gelegen haben damit eine magische Kraft auf sie übergeht, die den Jagderfolg verbessern soll.

Siehe auch

First Publication: 25-7-2012

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