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In der Dom Leko und anderen Höhlen fand man Tausende solcher Pfeilspitzen aus Kalk. Sie haben immer eine ähnliche Form und vergleichbare Abarbeitungsspuren – eine Entwicklung lässt sich nicht erkennen. (Bild Musée historique, Port-Louis)

Liliac-Kultur

Die Liliac-Kultur wurde nach den gleichnamigen Fledermäusen (Desmodus lemusanus) benannt, die im Majorin-Massiv häufig vorkommen und im Kult dieser frühen Lemusaner eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Liliac-Kultur wird auch gelegentlich Majorin-Kultur genannt weil alle wichtigen Fundstätten am Südhang des Mont Majorin liegen. Bei der Liliac-Kultur handelt es sich um eine der ältesten Kulturen der Insel. Sie ist ab dem 19. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar (Liliac I bis III), erlebt ihren Höhepunkt vom 15. bis zum 13. Jahrhundert (Liliac IV bis VI), um im 12. Jahrhundert (Liliac VII) aus bisher ungeklärten Gründen plötzlich und vollständig zu verschwinden (für eine exakte Chronologie siehe den Ausgrabungsbericht von Heinz G. Kisch («Un village des Liliac». In: «Revue historique», no. 35, 1968, S. 101-152).

Erforschung der Liliac-Kultur

Die Erforschung der Liliac-Kultur nahm im späteren 19. Jahrhundert ihren Anfang als Conrad Remarque, ein Lehrer aus Port-Louis, auf einer Schulexkursion die Höhle Dom Leko entdeckte – und als begeisterter Laien-Archäologe deren Ausgrabung betrieb. Es dauerte jedoch nochmals fast hundert Jahre bis sich die Wissenschaft auf breiter Ebene für die Liliac-Kultur zu interessieren begann. Viele Informationen über die Liliac stammen aus einer Notgrabung, die Heinz G. Kisch 1966 in der Vallée des ombres durchführte – bevor dieses «Tal der Äschen», das zuvor aus einem Hochmoor und mehreren ganz kleinen Seen bestanden hatte, zu einem grossen Stausee wurde. Die Grabung umfasste verschiedene Siedlungsspuren und ein Gräberfeld (Heinz G. Kisch: «Un village des Liliac», S. 101-152).

Eine systematische Untersuchung der grossen Kultgrotte Dom Leko 1976-79 erbrachte vor allem Informationen über die religiösen Gebräuche der Liliac (Heinz G. Kisch & Heinz Kahlacher: «Dom Leko». In: «Revue historique», no. 47, 1980, S. 137-162). 1984 stiess man südöstlich der Dom Leko zufällig auf eine teilweise in den Stein geschlagene Feuerstätte, die von den Liliac offenbar über mehrere Jahrhunderte benutzt worden war – man gab der Stätte den Namen «la cuisine». Die Ausgrabung und die Untersuchungen der Brandschichten brachte vor allem einige Informationen über die Nahrungsgewohnheiten der Liliac ans Tageslicht (Heinz Kahlacher & Nicole Plume: «Le menu des Liliac. In: «Revue historique», no. 53, 1986, S. 183-198).

1999 wurden die Dom Leko und andere Höhlen am Mont Majorin erneut systematisch durchleuchtet. Dabei konnten auf der Wand einer kleineren Höhle unter einer festen Ascheschicht Farbreste freigelegt werden. Die Malerei stellt einen Hirsch und ein Reh oder ein anderes Wildtier dar, weshalb die Höhle den Namen «Grotte du Cerf» erhielt. Die Datierung der Malerei gilt indes momentan noch als unsicher. Kahlacher zweifelt an einer Zuschreibung zur Liliac-Kultur «weil es, von dem überall anzutreffenden Radix abgesehen, die einzige figürliche Darstellung wäre, die uns von den Liliac überliefert ist» (Heinz Kahlacher: «Le vol des Liliac». In: «Revue historique», no. 67, 2000, S. 160).

Viele der Ergebnisse dieser verschiedenen Ausgrabungen und Untersuchungen wurden 2002 im Rahmen einer grossen Liliac-Ausstellung im Musée historique in Port-Louis präsentiert (Heinz Kahlacher und Michel Babye: «Liliac – à l'aube de l'humanité. Rencontres avec l'homme du Mont Majorin». Ausstellungskatalog  Musée historique de Santa Lemusa. Port-Louis, 2002.) Eine gute Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Liliac-Forschung aus der Feder von Michel Babye findet sich bei Elsa Mudame und Gregor Muelas («.sl», S. 171-178). Bei der folgenden Darstellung stützen wir uns vor allem auf diesen Text.

Der Liliac-Mensch

Der Liliac-Mensch kannte kein Metall. Er stellte seine Keramik ohne Töpferscheibe her und verzierte sie nicht. Er lebte vermutlich in Hütten, kannte primitive Formen von «Gartenbau» (wie Babye das nennt), ass Früchte, Wurzeln, Flusstiere aller Art (offenbar auch Bieber) und seltener Grosswild. Er jagte mit Pfeilen oder Speeren, die mit Steinspitzen ausgestattet waren und trug als Schmuck seltene Muscheln um Hals und Gelenke. Er liess seine Asche in Kochgeschirr beerdigen – und zwar immer zusammen mit genau 23 Exemplaren einer Ring-Kaurischnecke (Monetaria annulus), einer Schnecke also, die im asiatischen Raum ihre Heimat hat und wohl auch zu Liliac-Zeiten in den Meeren vor Santa Lemusa kaum gefunden werden konnte. Daraus zu schliessen, die Liliac hätten solche Schnecken als eine Art Zahlungsmittel benutzt, hält Heinz G. Kisch («Un village des Liliac», S. 142) hingegen «für ebenso spekulativ wie die Annahme, die Liliac seien um das Jahr 2000 v. Chr. aus dem asiatischen oder afrikanischen Raum nach Santa Lemusa gelangt.»

Als Kultstätten dienten den Liliac verschiedene Höhlen etwas oberhalb ihrer Siedlungen – vor allem eine grosse Höhle, die man heute wegen eines seltsamen Echophänomens Dom Leko nennt (mehr dazu). In einigen dieser Höhlen finden sich auch primitive Felsritzungen, die eine Art Hand, Baum oder Blume darstellen könnten – aufgrund eines Missverständisses heisst das Symbol «Radix» (mehr dazu).

1984 stiess man südöstlich der Dom Leko auf eine teilweise in den Stein geschlagene Feuerstätte, der man den Namen «la cuisine» gab.
1999 fand man in einer kleineren Höhle unter einer festen Ascheschicht Farbreste. Die Malerei stellt einen Hirsch und ein Reh oder ein anderes Wildtier dar, weshalb die Höhle den Namen «Grotte du Cerf» erhielt.
Die Datierung der Malerei in der «Grotte du Cerf» gelten momentan noch als unsicher – und damit auch ihre Zuschreibung zur Liliac-Kultur.
Der Liliac-Mensch liess seine Asche in Kochgeschirr beerdigen – zusammen mit 23 Exemplaren solcher Ring-Kaurischnecke (Monetaria annulus). (Bild Musée historique, Port-Louis)
Mit solchen kleinen scharfen Handmessern schabten die Liliac Fleischreste von den Fellen – ein Fund aus der Cave du Cerf. (Bild Musée historique, Port-Louis)

Siehe auch

First Publication: 25-7-2012

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