Szene 5

Eine der Passionen, die Marie entwickelt hatte seit sie mit Odette befreundet war, galt der Wissenschaft der Orchideen. Irgendwie hatte sie heraus gefunden, dass es in Feuerland eine ganz besondere Orchidee gab, Codonorchis lessonii, «Palomita», «Dog Orchid». Marie hatte Maille gebeten, die kleine Kostbarkeit zu fotografieren.
«Ich will Odette damit überraschen. Es ist die südlichste Orchidee der Welt. Odette liebt Orchideen über alles».
«Soll ich sie nicht vielleicht ausgraben und mit Diplomatengepäck nach Hause schicken», fragte Maille und stellte sich nicht ohne eine gewisse Häme vor, wie Marie und Odette mit geröteten Wangen das diplomatische Päckchen öffnen würden, um darin nach dem wochenlangen Transport nichts als einen übel riechenden Orchideenschleim zu finden.
«Danke, aber ein Foto reicht. Odette ist Naturschützerin.»
«Natürlich! Wie konnte ich das vergessen.»

Maries Pragmatik war manchmal wie eine jener Türen in Zeichentrickfilmen, die bösen Katzen, aggressiven Hunden oder dummen Enten vor der Nase zugeschlagen werden – wobei sich die Figuren beim Aufprall sosehr flachdrücken, dass sie für einen Moment gewissermassen von der dritten in die zweite Dimension wechseln. Auch Maille fühlte sich als habe ihn Marie aus seiner Geometrie gestossen, und aus dem Agenten mit Geheimauftrag einen umweltverträglichen Dienstleistungsbetrieb gemacht.

weiter