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Zürich, Flughafen Kloten

Szene 1

In der Nacht kam das Fieber – wahrscheinlich ein Souvenir aus Korea, ein Bakterium aus irgendeiner Klimaanlage. Maille hatte in Zürich in der Wohnung eines Journalisten übernachtet, den er vor Jahren auf einer Wanderung um den Déboulé kennen gelernt hatte, den höchsten Berg von Santa Lemusa. Um 00.30 war er gesund und ein wenig betrunken eingeschlafen, um 00.45 krank und völlig nüchtern aufgewacht. Erst lief ihm nur die Nase als sei etwas im Kopfbereich plötzlich undicht, dann kamen die Halsschmerzen und schliesslich das Fieber – so schnell und so heftig, als werde es mit Wucht in seinen Körper gepumpt. Während er glaubte, sein Kopf müsse gleich zerplatzen vor Hitze, fühlte sich sein Körper eiskalt an, steif und schlotternd zugleich.

Bis zum Morgengrauen lag er da, hellwach mit rasendem Puls, und schaute sich am Fernseher die Wiederholungen sämtlicher Krimis der Woche an: «Monk» und «CSI», «Trautmann» und «Balko», «Tatort» und «Criminal Intent» – auf Deutsch, auf Englisch, auf Französisch, ja sogar auf Türkisch (was ihm 30 Sekunden Halbschlaf bescherte, in denen sich seine Gedanken in ein Restaurant bei der Bootsanlegestelle Istanbul-Karaköy setzten und den Blick über das Goldene Horn schweifen liessen).

Frühmorgens schleppte er sich zum Flughafen, war schon mehr als zwei Stunden vor Abflug am Gate der Air France, die ihn nach Paris bringen würde, von wo aus es endlich zurück gehen würde nach Santa Lemusa. Maille freute sich auf sein Haus, auf den Jasmin-Duft in seinem Garten, auf Odette, seine zauberhafte Köchin, auf einige seiner Freunde (nicht alle), auf seine Jogging-Strecke, auf die Ruhe, auf seinen Valpolicella.