D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Am Freitag-Abend herrscht vor dem Kotel, der Klagemauer im Herzen von Jerusalem ein ziemlicher Andrang – und eine Stimmung, die auch Hektor Maille nicht gleichgültig liess.

Herzog's Gefilte Fisch

Klösschen aus Karpfen

Es gibt wohl nur wenige Speisen, die in vergleichbarerer Weise als «typisch jüdisch» angesehen werden wie der «Gefilte Fisch». Die Herkunft des Gerichts ist unbekannt und es gibt Rezepte und Variationen zu Hauf. Sie unterscheiden sich vor allem in zwei wesentlichen Punkten. Während eine Rezepte-Linie den Fisch mit viel Zucker sehr süss zubereitet, verwenden andere Köche vor allem Pfeffer und Salz. Rezepte aus westeuropäischen Küchen füllen die Farce in eine Fischhaut oder in den Bauch eines ganzen Fisches ein – so wie das der Name vorzugeben scheint. Der osteuropäischen Tradition hingegen gilt offenbar schon die Farce allein als «Gefilte Fisch». Heute bereiten die meisten Köche auch in Israel den «Gefilten Fisch» in der Form rundlicher Klösschen zu.

«Gefilte Fisch» ist eine klassische Sabbat-Vorspeise – gilt doch auch das Trennen von Fleisch und Gräten, wie beim Verzehr eines ganzen Fisches unumgänglich, bereits als eine Tätigkeit, wie sie von gläubigen Juden am Sabbat nicht ausgeführt werden darf (vergleichbar dem Trennen von Spreu und Weizen).

Unser Rezept indes erhebt keinen Anspruch auf Sabbat-Tauglichkeit, haben wir es doch aus der Küche des «Herzog's» in Port-Louis bekommen – einem Lokal, über das Izak Boukman einst schrieb, es sei wohl «trotz der Menora neben dem Eingang zur Küche nicht ganz koscher».

Die meisten Rezepte empfehlen, die Klösschen in einem Sud mit Fischköpfen, Gräten und Gemüse zu garen – zwei Stunden lang. Kocht man Fische allerdings länger als 20 bis 30 Minuten aus, so wird die Brühe leimig und bekommt einen schlechten Geschmack. Wir stellen deshalb zuerst eine leichte Fischbrühe her, in der wir die Klösschen dann sieden lassen.

Das hier vorgestellte Rezept verwandelt einen Karpfen von etwa 1½ Kilogramm in Klösschen und Brühe respektive Gelee. Da man sich das Tier in der Regel vom Fischhändler filettieren lässt, haben wir das Rezept entsprechend geschrieben. Sollte das zerlegte Tier weniger als 800 g Filet ergeben, kann man durch Fleisch von weiteren Karpfen oder von einem anderen hellfleischigen Fischen ergänzen.

Im «Herzog's» werden die Klösschen immer mit Chrain, einer scharfen Meerrettich-Randen-Sauce serviert.

Zutaten (für die Brühe)

Kopf, Flossen, Häute und Gräten von einem Karpfen

1½ EL Salz

2 EL Zucker

1 TL weisser Pfeffer, ganz

12 Körner Piment, ganz

4 Lorbeerblätter

2 nicht zu grosse Zwiebeln, gut geputzt aber in Schale belassen

2 bis 3 kleine Zweige Petersilie

3 Karotten, in nicht zu feinen Rädchen

1 Tasse Lauchgrün

Zutaten (für etwa 20 Klösschen)

800 g Filet vom Karpfen

2 EL Rapsöl

2 Zwiebeln, geschält und grob gehackt

3 Karotten, geputzt und grob gehackt

3 Eier, leicht zerquirlt

3 TL Salz

4 TL Zucker

1 TL weisser Pfeffer, gemahlen

1 TL Piment, gemahlen

100 g Matze, leicht zerbröckelt

Vorbereitung der Brühe

  1. Den Karpfenkopf halbieren und die Kiemen entfernen. Zusammen mit Flossen, Häuten und Gräten unter fliessendem Wasser gut abwaschen.
  2. In einen grossen Topf legen und die übrigen Zutaten beigeben (Salz, Zucker, Pfeffer, Piment, Lorbeer, Zwiebeln, Petersilie, Karotten und Lauch). Mit 1½ Liter kaltem Wasser bedecken und langsam zum Kochen bringen. Sobald die ersten Blasen aufsteigen, Hitze so stark reduzieren, dass die Brühe nur noch ganz leicht siedet. 25 bis 30 Minuten köcheln lassen und dabei gelegentlich rühren. Topf vom Feuer nehmen und etwa 20 Minuten lang abkühlen lassen.
  3. Brühe durch ein Sieb giessen. Karottenstücke herausklauben und beiseite stellen (sie dienen später als Dekoration). Mit einem Holzlöffel ein wenig auf die Fischkarkassen drücken, um möglichst viel Saft herauszulösen.

Vorbereitung der Kösschen

  1. Die Karpfenfilets in grobe Stücke zerschneiden.
  2. Das Öl in einer Bratpfanne erwärmen, Zwiebel und Karotten darin leicht anbraten (aber nicht zu stark bräunen).
  3. Fisch zusammen mit Zwiebeln und Karotten durch den Fleischwolf drehen.
  4. Eier, Salz, Zucker, Pfeffer und Piment beigeben, Matze hineinbröckeln, alles gut vermengen. Nochmals durch den Fleischwolf drehen und dann von Hand gut verkneten bis die Masse homogen erscheint. Bis zur weiteren Verwendung kühl stellen.
    Man kann die Matze auch erst in einem Mörser oder einer Küchenmaschine zerkleinern – so lässt sie sich besser mit dem Fisch vermischen.

Zubereitung

  1. Die Fischbrühe so stark erhitzen, dass sie gerade eben ganz leicht siedet.
  2. Mit feuchten Händen kleine Klösse mit einem Durchmesser von etwa 4 cm formen und vorsichtig in die Brühe gleiten lassen. Zwei Stunden lang sanft garen, gelegentlich wenden.
  3. Klösschen mitsamt der Brühe für wenigstens 12 Stunden kühl stellen. Die Brühe sollte sich während dieser Zeit in ein Gelee verwandeln.
  4. Vor dem Servieren das wenige Fett, das sich als weisse Schicht auf der Gelatine gebildet hat, mit Hilfe eines Löffelchens abheben. Die Klösschen sorgfältig aus der Gelatine klauben.
  5. Klösschen ganz oder halbiert auf einem Teller anrichten, mit den gekochten Karottenscheiben dekorieren, etwas Gelee dazu geben und einen Kleckser Chrain.

Die Klösschen schmecken besser wenn man sie eine Stunde vor dem Servieren aus dem Eisschrank holt und annähernd Zimmertemperatur erreichen lässt. Das Gelee hingegen muss bis zuletzt gekühlt werden – sonst wird es wieder flüssig.

Variante

Man kann «Gefilte Fisch» auch mit anderen Fischen zubereiten, einfach in Salzwasser oder Gemüsebrühe kochen, statt der Matzen altes Brot verwenden, stärker oder weniger stark würzen, mehr oder weniger Zucker beigeben… Karpfen ist in gewissen Gegenden nicht sehr beliebt und also nur schwer zu bekommen. Wir haben die Klösschen deshalb auch schon mit Seehecht zubereitet und in einer leichten Gemüsebouillon mit etwas Zucker, Piment- und Pfefferkörnern gekocht. Zum Schluss dann haben wir die Brühe noch ein wenig reduziert und mit etwas Agar-Agar gelatiniert. Das Gelee war entschieden weniger lecker als im Originalrezept – die Klösschen aber waren kaum zu unterscheiden. Die Variante machte natürlich deutlich weniger Arbeit (allerdings war auch der Handwerker-Stolz nicht ganz so gross). Wir haben auch einige Klösschen eingefroren, in etwas siedender Fischbrühe quasi schockartig aufgetaut und lauwarm serviert, was uns sehr gut gefiel.

«Gefilte Fisch» – ganz klassisch: Ein aufgeschnittenes Klösschen, dekoriert mit weich gekochten Karotten, dazu «Chrain» und etwas Gelee aus dem Fischsud.
Die Ingredienzien für den Karpfen-Sud: Karpfenkopf, Gräten und Haut, Gemüse und Salz.
Die Klösschen formt man am besten mit leicht angefeuchteten Händen.
Beim Erkalten steigt das Fett als weisse Schicht zur Oberfläche des gelatinierten Sudes auf und kann dort leicht entfernt werden.
Ein Ort für Karpfen – vor allem auch an einem Freitag: Fischhandlung an der Ha Sheqqed Gasse auf dem Mahane Yehuda Market in Jerusalem. Aufnahme von 23. Juli 2010.
«Gefilte Fisch» für furchtlose Freunde: Elisabeth Ritschard, Lena Eriksson, Reinhard Storz, Monika Studer und Christoph van den Berg beim HOIO-Testessen für Episode 16 der «Mission Kaki» am 5. Dezember 2010 in Basel.
Karpfen im Festtagsgewand. HOIO-Testessen für Episode 16 der «Mission Kaki» am 7. Dezember 2010 in Zürich.
Skeptische Blicke auf ein seltsames Klösschen. Franziska Altermatt, Geri Hofer und Judith Albert beim HOIO-Testessen für Episode 16 der «Mission Kaki» am 15. Dezember 2010 in Zürich.
In jüdischen Lebensmittelgeschäften oder in den Kaschrut-Abteilungen grosser Supermärkte kann man «Gefilte Fisch» auch als Konserve kaufen – meist sind es grössere Gläser, in denen die Klösschen in Gelee eigelegt sind. Aus irgendwelchen Gründen sind diese Gläser fast immer staubig, was auch schon Hektor Maille aufgefallen ist. Wir haben nur eine dieser Konserven probiert (Klösschen der Marke «Meal Mart») und fanden den Geschmack ein wenig eigentümlich, seltsam ältlich – was indes keine generelle Wertung dieser Konserve sein will.

Mehr über die Reiseabenteuer des Geheimagenten Hektor Maille:

Als Hektor Maille nach misslungener Verwandlung hungrig durch die Strassen von Jerusalem zog, hatte er den Kopf voller Fische – doch nur ein paar Kichererbsen auf dem Teller. Wir haben deshalb das Restaurant «Herzog's» in Port-Louis gebeten, uns ein kleines Fisch-Menu zusammenzustellen:

Und ausserdem noch:

  • Mesabaha (Warme Kichererbsen mit Sesampaste)

First Publication: 24-12-2010

Modifications: 20-6-2011, 16-11-2011, 19-12-2011