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Kinshasa, Matonge

Szene 2

Wie sollte er als Geheimagent seine Arbeit tun an einem Ort, wo man sich nur schwer frei bewegen konnte, und zum Beispiel weder fotografieren noch filmen durfte? Ja wie soll man überhaupt irgendetwas Geheimes tun können in einem Land, in dem nur 2% der Bevölkerung einer geregelten Arbeit nachgehen und es folglich gut 66 Millionen Menschen gibt, die alle Zeit haben, einen ständig zu beobachten? Doch das allein war es nicht, was Mailles Aufenthalt im Kongo schwierig machte: Es waren auch die schmutzige, die fiese Geschichte dieses Landes, seine ungeheure Armut und die überall sichtbare Ungerechtigkeit, die ihm das Atmen schwer werden liessen. Dabei litt er weniger an einem Gefühl der Schuld, wie es wohl jeden aus dem reichen Westen hier packen konnte, als vielmehr unter der Unfähigkeit, eine eigene Sprache für sein Dasein an diesem Ort zu finden: Es war ihm als habe er hier nichts zu sagen, nichts beizutragen. Natürlich konnte man Fakten aneinanderreihen, Details der Historie kommentieren, Urteile fällen im Namen des Menschenrechts oder anderer, höherer Instanzen – wie aber konnte man aus der niedrigen Realität der eigenen Verunsicherungen heraus etwas formulieren. Mehr und mehr fühlte er sich als gehöre er hier gar nicht hin, als sei sein Aufenthalt hier ein vielleicht perverses, sicher aber absurdes Versehen – absurder noch als wenn man im Herzen von Paris versuchen würde, Goldfische in einem Brunnen zu fangen.