Rituale und Traditionen aller Art, die unmittelbar mit dem Reis in Verbindung stehen, findet man längst nicht nur in Asien, sondern ebenso in vielen anderen Gegenden der Welt – und natürlich auch auf Santa Lemusa. In Sentores und einigen Dörfern im Süden der Insel wird zum Beispiel am 11. Januar jeden Jahres ein Reisfest gefeiert, das sogenannte Mudivari-Fest. Im Zentrum dieses Festes steht Mudivari – eine lokale Gottheit, deren Ursprünge möglicherweise in einer hinduistischen Legende zu suchen sind.Mudivari, die Beschützerin des Reisfeldes und die Herrin der Dämme, ist eine elegante Figur mit sieben Armen, halb Mann und halb Frau. Wenn der 11. Januar naht, dann werden in vielen Haushalten Mudivari-Figuren aus gekochtem Reis geformt und mit bunten Farben bemalt. Am Feiertag selbst ist es Tradition, dass man sich gegenseitig besucht und vor den Mudivari-Figuren kleine Gebete spricht. Kurz vor Einbruch der Dämmerung werden diese Figuren zu einem Fluss oder See gebracht und sanft den Fluten übergeben. Im Wasser lösen sie sich dann allmählich auf.
Traditionell offeriert man seinen Besuchern am Mudivari-Fest ein kleines Schälchen Chagribo – eine Mischung aus Reisflocken (Kratí), Rohrzucker, Anissamen, Kokosflocken, Weinbeeren, Sesam etc., die in jedem Haushalt nach einem individuellen Rezept hergestellt wird. Chagribo soll das Leben symbolisieren und schmeckt deshalb süss und doch auch ein wenig bitter. Eine weitere Tradition, die mit dem Reis in Verbindung stand, hat sich leider weitestgehend verloren: Der sogenannte Coudiri (Reislauf) wird schon seit den 1970er Jahren nicht mehr praktiziert.
First Publication: 12-2002
Modifications: 9-2-2009, 11-10-2011