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Von Natur aus ist der gegorener Tofu ziemlich neutral. Er nimmt also die Charakteristika der Marinade gut an – hier ein Tofu im Sichuan Style, also scharf.

Fermentierter (eingelegter) Tofu

Eingelegter Tofu (Chinesisch doù fǔ rǔ, 豆腐, «Milchtofu», Vietnamesisch chao – auf Englisch oft chinese cheese genannt) wird aus Tofuwürfeln hergestellt, die an der Luft getrocknet und dabei durch Bakterien vergoren werden. Anschliessend werden die Würfel in Salzwasser, Reiswein (Shào Xīng), Essig etc. eingeweicht, mit Chili, Reis, Bohnenpasten oder ganzen Sojabohnen mariniert, manchmal rot eingefärbt (mit Jujube oder rotem Reis). Eingelegter Tofu hat eine feste, glatte Konsistenz, die an feste Frischkäsesorten erinnert. Im Mund wirkt er sehr speziell, ein wenig wie ein scharfer Blaukäse. Von Natur aus ist der gegorener Tofu weitgehend neutral – nimmt also die Charakteristika der Marinade gut an. Meist schmeckt er salzig und sehr stark würzig. In China wird er oft als aromatisierende Zutat mit Reis-Brei (Congee) gegessen. Gerne gibt man ein paar Tropfen Sesamöl dazu. Eingelegter Tofu wird meist (ungekühlt) in kleinen Gläsern verkauft. Im Kühlschrank ist er auch geöffnet lange haltbar, wobei sich sein Geschmack mit der Zeit verbessern soll – wie lange man ihn lagern kann oder soll, ist hingegen etwas rätselhaft, sprechen doch manche Quellen von Wochen, andere von Jahren.

Der Tofu der Unsterblichen

Wie zu so viele Erfindungen der chinesischen Küche gibt es auch zum fermentierten Tofu eine eigene Geschichte – der Koch Deh-Ta Hsiung («Die chinesische Küche», S. 102) erzählt sie so: «Eines Tages spielten zwei alte Männer vor einem Teehaus Schach. Ein junger Mann, der frischen Tofu auf der Strasse verkaufte, setzte seinen Korb ab und schaute dem Spiel zu. Das Spiel verlief spannend und dauerte lange. Als das Spiel endlich vorüber war, stellte der junge Verkäufer entsetzt fest, dass sein gesamter Tofu verschimmelt war. Lauthals beklagte er sein Unglück. Da flüsterten ihm die beiden Schachspieler abwechselnd etwas zu und lösten sich in Luft auf. Der junge Mann erkannte, dass ihm zwei ehrenwerte Unsterbliche begegnet waren. Und er eilte davon, um ihre Anweisungen auszuführen. Sie hatten ihm geraten, seinen Tofu mit Salz und Gewürzen zu marinieren. Am nächsten Tag hatte sich der verschimmelte Tofu tatsächlich in aromatisches Dofu nai (Dòufu rǔ) verwandelt. Das geschah im 15. Jahrhundert. Seither gehört der nach dem Rezept der Unsterblichen fermentierte Tofu zur chinesischen Küche. Heute gibt es zwei Marken: ‹Die Unsterblichen› und ‹Die zwei Unsterblichen›. Und das Teehaus existiert auch noch. Man hat es umbenannt in ‹Haus zu den zwei Unsterblichen›.» 

Eingelegter Tofu Fu Chi

Das Tofu hat eine hellbraune Farbe – etwa wie Karamell oder Erdnussbutter. Die Stücke sind relativ klein und schwimmen in ziemlich viel Sauce, zusammen mit ganzen Sojabohnen und Reiskörnern. Der Duft ist weniger penetrant als bei anderen Sorten – leicht käsig-säuerlich und fast ein wenig lieblich. Auch im Mund ist dieser Tofu nicht sehr heftig. Er schmeckt salzig, leicht süsslich-zuckrig, fast etwas blumig-lieblich, ganz leicht säuerlich nur. Das Bohnenaroma ist nicht sehr ausgeprägt – ein nussiges Aroma schwingt im Hintergrund mit. Beim Kochen mit diesem Tofu tritt seine Süsse (der beigefügte Zucker) übermässig stark in den Vordergrund, was zu unangenehmen Überraschungen führen kann. Bei Rezepten mit fermentiertem Tofu sollte man also besser auf andere Marken zurückgreifen (etwa auf Shii Fure).

Verkostung am 2. November 2009 in Zürich.

Made in Taiwan (Fu Chi Foods, Taipei). Angegebene Zutaten: Beancurd, Non-GMO Soybean; Rice; Water, Salt, Sugar. (Gekauft bei «Lian Hua», Zürich)

Eingelegter Tofu Shii Fure

Die kleinen Gläschen mit «Chinese Cheese» wie es auf dem Deckel heisst, werden ungekühlt verkauft – sollen aber nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahrt werden. Sie enthalten kleine Tofu-Kuben, die in einer rötlichen, leicht schleimigen Sauce schwimmen. Der Tofu selbst hat ein glatte, feste Konsistenz. Der Duft ist markant und erinnert zugleich an Blauschimmelkäse und ein wenig an verbrannten Gummi – auch Sesam, Nougat und eine leichte Röstnote machen sich bemerkbar. Im Mund ist er salzig, scharf, leicht sauer, etwas wie Blauschimmelkäse – manche nehmen auch eine leicht künstliche Note wahr.

Auch in Thailand kocht man gelegentlich mit fermentiertem Tofu. Wir haben, frei nach Thompson («Thai Food»), ein Rezept ausprobiert, in dem eingelegtes Tofu mit Kokosmilch, Hackfleisch vom Schwein und Garnelen zu einem Relish eingekocht wird, das man dann lauwarm oder kalt zum Beispiel zu rohem Gemüse servieren kann. Die Sache schmeckt intensiv wie etwa eine gute Bratensauce. Das Aroma wird vom Tofu dominiert, der jedoch das ‹Blauschimmelkäsige› im Verlauf des Kochprozesses weitgehend verliert. Die leichte Säure kommt von der Tamarinde. Rechts: Eine nicht gerade orthodoxe aber durchaus freudige Kombination. Das hier vorgeschlagene Relish (die braune Sauce rechts in der Tasse auf dem Bild unten), serviert mit rohem Gemüse, Coppa, gekochten Garnelen, schwarzen Oliven und Walliser-Brot. Angerichtet mit etwas Weisswein auf der Riederalp – alpine Weltküche sozusagen.

Zum Rezept: 250 ml Kokosmilch und 1 dl Hühnerbrühe zum Kochen bringen. 4 gehäufte EL eingelegtes Tofu und 4 EL der Einlegsauce beigeben. Rühren (vielleicht am besten mit Hilfe eine Schneebesens) bis sich die Tofublöcke vollständig in der Sauce aufgelöst haben. Unter häufigem Rühren auf mittlerer Hitze rund 20 Minuten lang etwas eindicken lassen. Dann folgende Zutaten beigeben: 2 TL Tamarindenkonzentrat (oder 4 EL Tamarindenwasser), 1 EL Palmzucker, 1 knapper TL gemahlener weisser Pfeffer, 1 fein gehackte Chilischote, 60 g Schweinshackfleisch, 8 geschälte und mit der Gabel zerdrückte Garnelen. Nochmals 20 Minuten oder auch länger auf mittlerer Flamme bei häufigen Rühren köcheln lassen – bis die Sauce eine dickflüsige Konsistenz angenommen hat. 1 bis 2 Zwiebeln oder Schalotten in feinen Ringen beigeben und nochmals rund 10 Minuten köcheln lassen.

Solo ist das Tofu von Shii Fure eine eher heftige, frivole Sache – zum Apero interessant auch mit rohem oder gedünstetem Gemüse, was die Heftigkeit etwas dämpft.

Verkostung des rohen Tofus am 22. Juli, 3. und 4. August 2009 in Zürich. Verkostung des Tofu-Relish am 3. und 4. Oktober 2009 auf der Riederalp.

Made in Taiwan (Jia Fei Food Enterprise). Angegebene Zutaten: Beancurd, Salt, Chili, Sesame Oil. (Gekauft bei «Lian Hua», Zürich)
Eine nicht gerade orthodoxe aber durchaus freudige Kombination. Das hier vorgeschlagene Relish (die braune Sauce rechts in der Tasse), serviert mit rohem Gemüse, Coppa, gekochten Garnelen, schwarzen Oliven und Walliser-Brot. Angerichtet mit etwas Weisswein auf der Riederalp – alpine Weltküche sozusagen.

Eingelegter Tofu Shui Kou

Das fementierte Tofu ist von einer dunkelroten Farbe und wirkt leicht ölig. Es duftet wie Tofuhaut nach Bohnen und ein wenig nach unreifen Zwetschgen. Im Mund ist es extrem salzig, ziemlich sauer mit dem bewusstem Bohnenaroma – aber ansonstem ohne einen wirklich markanten, eigenen Geschmack. Eine heftige, aber nicht sehr interessante Version – mit einem langen, hartnäckigen, eher etwas unangenehmen Nachgeschmack.

Verkostung am 26. August 2009 in Zürich.

Made in China (Fen Yang Bridge Brand). Ungefähre Zutaten: Tofu, Salz, Chili, Öl, Roter Reis oder Jujube.(Gekauft bei «Lian Hua», Zürich)

Eingelegter Tofu Wangzhihe

Dieser Tofu wird in etwas grösseren Gläsern verkauft. Auf der Verpackung erkennt man ein «S» auf blauem Grund – dies ist eine Art Brand oder Gütesiegel, das sich auf diversen chinesischen Konserven findet, auch in China selbst. Die vergorenen Tofublöcke schwimmen in einer dunkel-blutroten Sauce – die Blöcke selbst haben eine bräunlich-gräuliche-rote Farbe und eine cremige Konsistenz, die an fetten Frischkäse erinnert.

Der Tofu riecht typisch nach Bohne, ein wenig wie Käse in Salzlake auch. Im Mund ist die Sauce eher säuerlich, der Tofu selbst käsig mit markanter Hefenote – man fühlt sich manchmal ein wenig an Leberpâté erinnert. Deutlich macht sich auch ein leichtes Alkohol-Aroma bemerkbar, das möglicherweise von zugefügtem Reiswein stammen könnte. Ein heftiger aber guter Tofu insgesamt.

In China wird eingelegter Tofu oft mit Reisbrei (Congee) serviert – beliebt ist auch Wasserspinat mit fermentiertem Tofu. Auf dem Internet finden sich verschiedene Foren, in denen Exil-Chinesen in schwärmerischen Tönen diesbezügliche Erinnerungen an ihre Kindheit schildern. Wir haben verschiedene Zubereitungsweisen ausprobiert und geben hier ein einfaches Grundrezept wieder.

200 g Wasserspinat («Morning Glory») waschen und in etwa 3 cm lange Stücke schneiden. 1 EL Öl in einer Bratpfanne erwärmen. 3 Zehen Knoblauch und 1 walnussgrosses Stück Ingwer fein hacken und andünsten. 1 fein gehackte Chilischote sowie 2 gehäufte TL fermentierte Bohnenpaste (mitsamt etwa 1 TL der Flüssigkeit, in der die Stücke schwimmen) beigeben und den ‹Käse› mit Hilfe eines Kochlöffels gut zerdrücken. Den Wasserspinat zugeben und kurz anziehen lassen. 3 EL Shao Xing Reiswein und 3 EL Wasser beigeben und alles unter ständigem Rühren rund 3 Minuten dünsten – das Gemüse sollte warm aber natürlich noch knackig sein. Zum Schluss etwa 1 TL gerösteter Sichuan-Pfeffer untermischen und mit weissem Reis servieren.

Nach einem ähnlichen Verfahren kann man auch anderes Gemüse zubereiten, das sich durch Pfannenühren garen lässt: Chinesischen Broccoli etwa oder Pak Choi. Wer mit dem intensiven Aroma von eingelegtem Tofu noch nicht recht vertraut ist, sollte das Rezept zunächst vielleicht nur mit einem einzigen Löffelchen Tofu zubereiten – wer bereits ‹süchtig› ist nach dem Geschmack, wird wohl etwas mehr als 2 Löffelchen nehmen wollen.

Wir haben auch schon Fleisch mit fermentiertem Tofu zubereitet. Eine Hühnerbrust in feinen Streifen schmeckte sehr lecker, wobei wir den Tofu erst nach dem Anbraten des Fleisches mit etwas Reiswein beigegeben haben. Zum Schluss auch hier etwas Sichuan-Pfeffer – sein blumiges Aroma gibt dem eher dunklen Tofu-‹Käse› eine wunderbare Zusatznote.

Verkostung (des rohen Tofus und des hier wiedergegebenen Rezepts) am 2. Oktober 2009 auf der Riederalp.

Made in China (Wangzhihe Brand - Beijing Er Shang Group). Zutaten-Liste nur auf Chinesisch – ungefähre Zutaten: Tofu, Salz, Chili, Öl, Roter Reis, Reiswein oder andere Alkoholika. (Gekauft bei «Lian Hua», Zürich)
Morning Glory mit fermentiertem Tofu.

Quellen

Es gibt zahlreiche Bücher über Tofu und seine diversen Anwendungen in der Küche. Gute und knappe Beschreibungen finden sich auch in den folgenden Publikationen:

First Publication: 7-2009, 8-2009, 10-2009

Modifications: 10-10-2011