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Eine Blütendolde der Pastinake kurz vor ihrer Entfaltung im Botanischen Garten von Brüglingen bei Basel. (Mai 2013)

Pastinake

Und das weiss das Lexikon

Geschichte*. Funde in Pfahlbauten aus der Zeit um 1000 v. Chr. machen deutlich, dass es sich bei der Pastinake um eine sehr alte Kulturpflanze handelt. In der Antike war sie ein besonders beliebtes Gemüse. Ihr Name soll laut Dioskurides soviel bedeuten wie «Nahrung des Hirsches» – weil diese Tiere Pastinaken essen, um sich damit vor Schlangenbissen zu schützen. Kaiser Tiberius liess regelmässig Pastinaken aus Germania kommen. Robert Habs und Leopold Rosner («Appetit-Lexikon», S. 375) wissen, dass die «gallischen Wurzeln im kaiserlichen Rom für eine ganz besondere Delikatesse galten und vom Rhein als Tribut auf die kaiserliche Tafel geliefert wurden.» Auch im Mittelalter waren Pastinaken sehr beliebt – obwohl Hildegard von Bingen sie für weder nahrhaft noch gesundheitsförderlich hielt und meinte, sie würden lediglich den Bauch des Menschen füllen («ventrem hominis tantum iniplet»).

Die frühe Neuzeit unterstellt der Pastinake auch so manche gesundheitliche Tugend – so meint etwa Louis Lémery («Traité des aliments», S. 467): «Les panais, excitent l'urine et les mois aux femmes, abattent !es vapeurs, passent pour etre vulneraires et nourrissent assez.» In der frühen Neuzeit aber dann stehlen die immer feiner und immer glatter werdenden Karotten den Pastinaken mehr und mehr die Show – und sie verschwinden allmählich aus den meisten Küchen. Eva Troníčová («Gemüse»,S. 64f.) schreibt: «Man setzt voraus, dass die Pastinake vor der Verbreitung der Kartoffel in Europa eine viel grössere Bedeutung für die Ernährung der Menschen hatte als heute. Eindeutig ist, dass sie durch die Möhrenzucht in den Hintergrund gedrängt wurde, obwohl ihr Nährwert die Möhre und die Mairübe übertrifft.» Nur in England konnten sie sich halten, wo man sie besonders gern zu Mashed parsnips verarbeitet. In Thüringen ausserdem, so berichten manche Quellen, soll man noch lange einen süssen Sirup aus den Wurzeln gekocht und wie Konfitüre verwendet haben. Leclerc beschliesst sein Kapitel über den «Panais» mit den Worten: «On voit qu'il serait injuste de dédaigner un légume qui peut se convertir tour a tour en plat de résistance ou en dessert et fournir ainsi à l'art culinaire une occasion d'affirmer sa puissance magique.» Im Rahmen einer zunehmend populären Vollwert- respektive Naturküche gelangt die Pastinake heute allmählich wieder öfters auf den Tisch.

Pflanze. Die Pastinake (Pastinaca sativa; engl. pastinaca, parsnips; franz. panais, patenais; span. pastinaca; ital. pastinaca) heisst auf Deutsch auch Moorwurzel, Pasterna, Hammelmöhre, Hirschmöhre oder Balsternacke und gehört zur Familie der Apiaceae (Doldenblütler). Sie ist eine zweijährige Pflanze, die wild auf dem ganzen eurasischen Kontinent vorkommt und heute vor allem in England, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Skandinavien angebaut wird. Laut Eva Troníčová (S. 64f.) wächst die Wildpastinake «häufig auf Wiesen und an Feldrainen und in den Gräben an Wegen. […] Die enge Verwandtschaft zwischen Kultur- und Wildpastinake zeigt sich daran, dass sich beide sehr leicht miteinander kreuzen.»

Im ersten Jahr bildet die Pastinake eine Rosette aus Blättern und eine fleischige Wurzel. Im zweiten Jahr wächst ein bis zu 150 cm hoher Stängel mit zusammengesetzten Dolden aus sattgelben Blüten. Die Pastinake ist frostresistent und kann gut im Freien überwintern. Sie ist anspruchslos und wird kaum von Schädlingen oder Krankheiten befallen.

* Wir beziehen uns in diesem Abschnitt zur Geschichte der Pastinake vor allem auf Henri Leclerc («Les Légumes de France», S. 186f.).

Charakter & Verwendung

Man verwendet hauptsächlich die Wurzeln der Pflanze, die aussen cremefarbenen, innen fast weiss sind und ein festes, etwas trocken wirkendes Fleisch haben. Roh haben sie einen an Karotten erinnernden Duft und einen leicht scharfen, hocharomatischen, sehr speziellen, oft stark erdigen Geschmack. Manche Exemplare können auch sehr süss sein. Man kann sie grundsätzlich mit oder ohne Schale essen, wobei die Schale etwas ledrig ist. Beim Kochen verliert sich die Schärfe und das Süssliche tritt stärker hervor. Roh könnten die astinaken für manche etwas scharf und allzu charakteristisch sein, gedünstet aber geben sie auf jeden Fall ein wunderbares Gemüse ab – und eignen sich auch für Suppen oder Pürees. Im Ofen gebacken entwickeln sie ein Aroma, das stark an Kastanien erinnert – dazu passt der hohe Stärkeanteil.

Pastinaken werden in der Regel ab Oktober geerntet und bis in den Winter hinein verkauft. Sie lassen sich sehr gut lagern.

Pastinaken der Sorte «Halblange Turga» im Garten der «Pro Specie Rara» in Brüglingen. (September 2012)
Unverkennbar gehört die Pastinake zur Familie der Doldenblütler.
Im zweiten Jahr wächst ein bis zu 150 cm hoher Stengel von sehr markanter Gestalt. (Botanischer Garten Zürich, Oktober 2010)
Es scheint als habe die Knolle unter Tag versucht, ein ganz eigenes Gesicht zu entwickeln.
Querschnitt durch eine Pastinake – der Holzteil im Zentralzylinder ist unregelmässig geformt.

Rezepte mit Pastinake

First Publication: 28-10-2010

Modifications: 5-10-2011, 1-12-2015